Die deutschstämmige Debra Milke tritt nach ihrer Entlassung aus der Haft erstmals öffentlich auf. In Arizona weist sie jede Mitwirkung am gewaltsamen Tod ihres kleinen Sohnes von sich.

Stuttgart - Debra Milke hatte sich hübsch zurecht gemacht für ihren ersten Auftritt in Freiheit. Die Frisur war frisch, sie trug ein geblümtes Sommerkleid, eine Perlenkette mit passenden Ohrringen. Die 51-Jährige wollte adrett wirken, nicht wie eine entlassene Strafgefangene, die ein Vierteljahrhundert in der Todeszelle verbracht hat.   Der Auftritt in einem Hotel von Phoenix im US Bundesstaat Arizona sollte zweifellos   dazu beitragen, die Skeptiker zu beschwichtigen, diejenigen, die auch nach dem endgültigen Freispruch noch immer nicht an die Unschuld der deutschstämmigen Frau glaubten. So waren auch ihre ersten Worte bei der Pressekonferenz nach dem Urteil vom Montagmorgen: „Ich habe absolut nichts mit dem brutalen Mord an meinem Sohn Christopher zu tun.“  

 

So klar hatte der Superior Court von Maricopa County in Arizona das nicht ausgedrückt. Der Richter hatte die Mordanklage gegen Milke aus dem Jahr 1990 zwar fallen gelassen, ihre Unschuld jedoch nicht fest gestellt. Im Gegenteil, der Staatsanwalt zeigte sich nach dem Urteil frustriert, dass ihm nun keine Wege mehr offen stünden, Milke weiter zu verfolgen. An ihre Unschuld glaubt er offensichtlich nicht.

Verfahrensfehler und Ermittlerwillkür

 Der Grund, dass Milke nach einem „25 Jahre währenden Albtraum“, wie ihre Anwältin es ausdrückt, nun wieder ihr Leben aufnehmen, sind nachgewiesene Verfahrensfehler bei ihrer Verurteilung. Das Todesurteil gegen Milke beruhte auf einem Geständnis, das nicht aufgezeichnet wurde. Einzig der Polizeibeamte Armando Saldate hatte es gehört, allein seine Zeugenaussage hatte die Geschworenen überzeugt. Im Laufe der langen Wiederaufnahme des Verfahrens konnten   Milkes Anwälte nachweisen, dass Saldate regelmäßig Geständnisse erzwungen oder fabriziert und es dabei mit den Gesetzen nicht so genau nahm.

Milke sagte, sie habe immer daran geglaubt, dass dieser Tag kommen werde. „Ich habe nur nie gedacht, dass es 25 Jahre, drei Monate und 14 Tage dauern würde, diesen krassen Justizirrtum wieder gut zu machen.“   Damit war der kämpferische Teil von Debra Milkes Auftritt vor dem Publikum der Abendnachrichten dann aber auch   abgeschlossen.   Unter Tränen sprach sie davon, wie schlimm es für eine Mutter sei, ein Kind bei einem brutalen Mord zu verlieren. „Es ist ein Verlust, den man niemals verwindet“, sagte sie. „Es ist die reinste Form der Qual, eine Qual, welche die Seele vernichtet.“ Sie habe einen Teil ihres Herzens verloren, und nur die fröhlichen Erinnerungen an den kleinen Christopher könnten ihr Trost spenden.   Schlimmer noch als der Verlust, so Milke in ihrem vorbereiteten Statement, sei für sie der Verdacht gewesen, sie habe selbst mit dem Tod von Christopher zu tun gehabt. Das Kind sei ihr ein und alles gewesen.