Der Protest gegen die Stilllegung der Stadtbahnverbindung durch die Friedhofstraße in Stuttgart-Nord kocht weiter hoch. Rund 20 Aktivisten demonstrierten an der neuen Haltestelle Budapester Platz lautstark für ihr Anliegen.

S-Nord -

 

Die Initiatoren gegen die Aufgabe der Stadtbahnhaltestelle Pragfriedhof lassen nicht locker. Auch nicht, nachdem die Verbindung gekappt ist, weil die U12 mit der Vervollständigung der Linie über den Hallschlag seit dem Wochenende nun über den neuen Halt Budapester Platz verkehrt.

Das Störfeuer, mit dem die Aktiven die Eröffnung der Haltestelle begleiteten, hatte seinen Auftakt schon am Vortag genommen. Da hatten Vicky Georgaki und Barbara Hörner, kurzfristig einen Termin bei Oberbürgermeister Fritz Kuhn bekommen: zwecks Übergabe von 689 Protest-Postkarten gegen die Einstellung der Verbindung durch die Friedhofstraße.

„Dass Herr Kuhn uns empfangen hat, war gut“, sagt Georgaki. Sie glaubt, „dass das nur geschehen ist, weil es inzwischen eine breite öffentliche Wahrnehmung für das Problem gibt“. Kuhn habe auch eingeräumt, dass bei ihm bereits „einige Post dazu eingetroffen“ sei. Allerdings sei er „kein Jota von der Position abgewichen, dass sich die Verbindung nach Aufnahme der neuen Strecke über den Budapester Platz nicht rechne“. Kuhn habe auch deutlich gemacht, dass die nun aufgegebene Haltestelle „von Beginn an als Provisorium ausgewiesen worden sei“, berichtet Georgaki.

Flexibilität eingefordert

„An der Stelle haben wir aber gesagt, dass die Stadtpolitik flexibler sein muss. Man kann eine Entscheidung auch korrigieren. Wir können es uns nicht leisten, dass irgendeine Haltestelle aufgegeben wird“, betonte die Aktivistin. Die Politik hätte ihrer Meinung nach aber „auch aus anderen Gründen dazwischengrätschen müssen“: „Hier werden tausende Menschen, die auf diese Haltestelle angewiesen sind, einfach abgehängt. Es sind ältere Menschen aus einem sozial und finanziell schwächeren Stadtteil. Dem jungen, reichen Yuppie-Viertel am Europaplatz“, so Georgaki, „wird aber eine weitere Haltestelle finanziert. Ein gerechte, auf sozialen Ausgleich bedachte Stadt sieht anders aus.“ Und deshalb müsse die Problematik auch „neu politisch diskutiert werden“, findet Georgaki: „Wir jedenfalls lassen uns nicht abwimmeln. Dieses Thema ist noch nicht abgeschlossen!“, gab sie sich nach dem Termin beim OB kämpferisch.

Nach dem Übergabetreffen ließ Kuhn über seinen Sprecher Sven Mathis mitteilen, dass er „die Unterschriften entgegengenommen und sich anschließend etwa eine halbe Stunde mit beiden über die Situation am Pragfriedhof und die Erschließung des Nordbahnhofviertels ausgetauscht“ habe. Der Oberbürgermeister habe dabei „um Verständnis für das Vorgehen der SSB wie der Stadt geworben, wie er es bereits in der Einwohnerversammlung Nord im Herbst getan hatte“. Zudem habe er betont, dass die Aufgabe der Haltestelle Pragfriedhof „bereits 2005 beschlossen wurde“. Im Zuge der Neuplanung der Strecke der U12 sei die Haltestelle „nur während der Bauzeit neuen Strecke als provisorische Zwischenlösung für die Stadtbahn ertüchtigt worden“. Ein Punkt, der auch „eine Voraussetzung für die erheblichen Fördermittel war, die dieses Projekt aus GVFG-Bundesmitteln erhalten hat“.

Im Alter rebellisch geworden

Richtig hochgekocht ist der Protest dann am Samstag noch einmal vor Ort, als die beiden Premieren-Züge der neuen U 12 am Budapester Platz erwartet wurden. Mit Trillerpfeifen und Protestplakaten warben rund 20 Personen für ihr Anliegen: „Jetzt, im Alter, werde ich noch richtig rebellisch“, sagt die 87-jährige Norma Land. Sie sei noch nie auf die Straße gegangen: „Jetzt ist es höchste Zeit, denn ich kann einfach nicht akzeptieren, dass wir hier abgehängt werden.“ Weder die Haltestelle Milchhof noch die am Eckhartshaldenweg seien eine Alternative: „Da ist soviel Betrieb, da landen sie mit dem Rollator doch auf den Schienen!“ Noch gar nicht im Blick sei dabei die Bedeutung der Haltestelle für Friedhofsbesucher. Viel zu weit und zu schwierig sei für ältere Menschen des Viertels der Weg zum Budapester Platz, findet Christa Peters. Dominika Faiss berichtet, dass sie in der Übergangswoche vor der neuen Weichenstellung dreimal mit dem Bus gefahren sei. „Ich bin kaum reingekommen, es war eine Katastrophe.“ Peter Dillmann nennt die Streichung „eine kaltherzige Schreibtischentscheidung“ und hält das Plakat hoch, das auch eine politische Stoßrichtung hat: „Unsere Stadt. Unsere SSB. Unser Geld. Euer Größenwahn“.