Teils russlandfreundliche und medienfeindliche Töne werden beim Ostermarsch für Frieden in Stuttgart laut. Wenige Meter entfernt demonstrieren Ukrainer für die Freiheit ihres Landes.

Zwei Demonstrationen gegen den Krieg aber zwei völlig verschiedene Herangehensweisen: In Stuttgart hat es am Samstag zwei Friedensdemonstrationen gegeben. Für die eine Seite steht fest, ein kompromissloser Verzicht auf Waffen ist unverhandelbar und Russland dürfe nicht zum Feind gemacht werden. Bei einer anderen Demonstration wurde Solidarität und militärische Hilfe für die Ukraine gefordert.

 

Laut Angaben des Veranstalters sollen es 2000 Menschen auf dem Schlossplatz gewesen sein, die dem Aufruf des Netzwerk Friedenskooperative gefolgt waren und sich dem Ostermarsch in Stuttgart angeschlossen hatten. Die zentrale Botschaft: die losgetretene Gewaltspirale müsse durchbrochen werden. „Die Ostermärsche machen sichtbar, dass die Hoffnung auf Frieden Bestand hat“, sagte die Rednerin Wiltrud Roesch-Metzler. Sie ist die Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung „pax christi“.

Vorwurf: Medien zeichnen ein falsches Bild

Dass bisher keine Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland an die Ukraine geliefert worden seien, sieht Roesch-Metzler als Erfolg. Sie übte Kritik an den Medien, sie würden Menschen eintrichtern, Waffen schützten. Außerdem werde Russland zum Feind erklärt, kritisierte sie.

Im Februar 2022 kam es zu einem Überfall und Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine. Seither verteidigt sich das Land militärisch – auch mithilfe westlicher Unterstützung. Rednerin Wiltrud Roesch-Metzler kritisiert die Hilfen. Dass Militäreinsätze keinen stabilen Frieden brächten, habe Afghanistan gezeigt. „Waffen können keinen Frieden schaffen“, erklärte sie.

Neben dem Ukrainekrieg ging es auch um den Konflikt im Gazastreifen, einige Teilnehmer trugen die palästinensische Flagge bei sich. Deutschland dürfe keine Waffen an Israel liefern, so der Tenor. Die Menschen in den besetzten Gebieten müssten ferner mit Lebensmitteln versorgt werden, forderte Roesch-Metzler. „Hunger als Kriegswaffe, das muss sofort aufhören.“

Beistand für die Ukraine unverzichtbar

Die Demonstrierenden schwenkten Fahnen verschiedener linker und kommunistischer Parteien und Gewerkschaften, aber etwa auch Regenbogenfahnen waren sichtbar. Sich namentlich gegenüber Pressevertreten äußern, das wollte jedoch kaum jemand. „Wir werden falsch informiert“, sagte eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollte. Eine andere Teilnehmerin betonte, dass sie für mehr Deeskalation in der momentan aufgeheizten Lage sei. Ein weiterer Teilnehmer sorgte sich vor dem Ausbruch eines Atomkrieges.

Eine völlig andere Sicht auf den Krieg in der Ukraine hatten die rund hundert Teilnehmer einer weiteren Demonstration, die am Rotebühlplatz begann. Mit einem Zug auf den Marktplatz forderten die Demonstranten, viele von ihnen Ukrainerinnen und Ukrainer, Frieden und Freiheit für ihr Land. Dass die Demonstration direkt am Anschluss des Ostermarsches stattfand, war kein Zufall, wie der Organisator Denis Zipa erklärt. Schon in einem Aufruf hieß es: „Leider haben viele Pazifisten heute ein verzerrtes Verständnis von Frieden.“

Die heutige Friedensbewegung müsse ihre Ansichten überdenken, sagte Tetiana Ploskina bei ihrer Rede. Die Ukraine habe einst ihre Atomwaffen gegen Sicherheitsgarantien aufgegeben und damit eine jahrzehntelange Forderung der Friedensbewegung erfüllt. Werde dem Land nun nicht beigestanden, würden Atomwaffen als Abschreckung für andere Länder wieder attraktiv.

Autokraten blicken genau auf den Krieg in der Ukraine

Was der von den Ostermarschierern geforderte sofortige Frieden ohne einen Rückzug der russischen Truppen für die in den eroberten Gebieten lebenden Ukrainer bedeutet, davon berichtete Konstantin Eisel von Amnesty International. Auf der Krim könne man sehen, wie Russland eine ethnische Säuberung der Halbinsel verfolge. Die kulturelle Identität, der dort lebenden Ukrainern und Tataren solle ausgelöscht werden.

Auf eine weitere mögliche Folge eines Erfolges der russischen Landeroberung ging der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Gemeinderat, Stefan Conzelmann, ein. Die Autokraten dieser Welt schauten sehr genau auf den Ukrainekrieg. Sollte Russland mit dem Angriffskrieg Erfolg haben, könnte das Beispiel weltweit Schule machen. „Dann gnade uns Gott. Wir könnten gar nicht so schnell schauen, wie neue Brandherde entstehen würden“, so Conzelmann.