Das von Mücken übertragene Dengue-Fieber tritt nicht mehr nur in den Tropen auf. Jüngst kam es zu Fällen am Gardasee. Das Besondere: Die Infizierten haben sich nicht auf Reisen, sondern in Italien infiziert. Wird auch Deutschland zum Endemiegebiet? Und wie kann man sich schützen?

Weltweit kommt es derzeit vermehrt zu Ausbrüchen von Dengue-Fieber. Während bisher hauptsächlich tropische Gebiete und in Europa Reiserückkehrer betroffen waren, rückt das Virus nun näher. Kürzlich kam es zu mehreren Fällen am Gardasee und im Latium in Italien. Das Problem: Die Erkrankten haben sich nicht auf Reisen, sondern vor Ort infiziert. Die Europäische Seuchenbehörde (ECDC) beobachtet die Fälle daher ganz genau. Das Auswärtige Amt in Berlin weist inzwischen mit einem Reisehinweis auf das Dengue-Fieber in den Gardasee-Regionen hin.

 

Klimatische Veränderungen begünstigen nach Angaben von Fachleuten die Verbreitung des Erregers, der sich in Stechmücken vermehrt und von ihnen übertragen wird. Bisher nur in Südeuropa. Das könnte sich laut Experten jedoch ändern.

Gibt es Fälle in Deutschland? Laut Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 1000 Menschen an Dengue-Fieber. Allerdings handelt es sich bisher ausschließlich um eingeschleppte Infektionen, meist aus Südostasien. Doch die Tigermücke, einer der Hauptüberträger, breitet sich auch in Deutschland aus. Laut RKI kommt das schwarz-weiß getigerte, stechfreudige Insekt in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, stellenweise auch in Fürth, Jena und Berlin vor.

Kann die Krankheit endemisch werden? Noch sei es „bei uns nicht warm genug, dass sich das Virus gut in den Mücken vermehren und dann übertragen werden kann“, sagt Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig. Ob auch Deutschland zu einem Dengue-Endemiegebiet wird, ist daher „sehr schwer abzusehen, aber möglich ist es“, so Ulbert weiter. Denn auch hier verändert sich das Klima.

Insgesamt gilt: Die Ausbreitung von Dengue ist laut Experten fast nicht aufzuhalten. Die Tigermückenpopulation steigt – und somit die Gefahr, dass die Tiere Reiserückkehrer stechen. „Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass bislang wenig oder gar nicht betroffene Weltregionen zunehmend zu Dengue-Gebieten werden“, sagt Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM) in Düsseldorf. „Wir reden aber nicht von großen Ausbrüchen, sondern von einzelnen Fällen“, schränkt Katja Rothfuß, Gastroenterologin und Verantwortliche der Sonderisoliereinheit am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, ein.

Welche Symptome treten auf? Zu den häufigsten Symptome gehören plötzliches hohes Fieber, sehr starke Kopfschmerzen, vor allem hinter den Augen, und heftige Gelenk- und Muskelschmerzen. Es kann auch zu Ausschlag kommen, der sich vom Rumpf auf Arme, Beine und Gesicht ausbreitet. Die Betroffenen fühlen sich zudem schwach und müde. Normalerweise treten die Symptome vier bis zehn Tage nach einem Stich auf.

In seltenen Fällen kann Dengue zu schweren Blutungen, Organversagen und sogar zum Tod führen. Bei starken Symptomen sollten Betroffene umgehend zum Arzt. „Schwere Verläufe treten aber meist erst bei einer zweiten Dengue-Infektion auf“, sagt Katja Rothfuß.

Kommt es immer zur Erkrankung? Ob in Deutschland, Europa oder weltweit: Bei allen Angaben zu Dengue-Infektionen ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer weit höher liegt als die Zahl der gemeldeten Erkrankungsfälle. „Nur jede vierte Infektion macht sich durch Symptome bemerkbar“, sagt der Mediziner Jelinek vom CRM.

Dengue sei „keine harmlose Virusinfektion“ – und nicht mit Malaria zu vergleichen, erklärt Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin an der Uni Tübingen: „Man erkennt Malaria sehr schnell. Dann therapiert man das – und bestenfalls ist es dann gut.“ Übertragungsketten können somit rasch unterbrochen werden. „Bei Dengue ist das anders. Ein Großteil der Infizierten ist asymptomatisch, kann das Virus aber weitergeben“, so der Infektiologe weiter. Das sei eines der großen Probleme bei Dengue.

Was macht Tigermücken so speziell? Asiatische Tigermücken sind im Vergleich zu in Deutschland einheimischen Mücken viel kleiner. Zudem haben sie gleich mehrere unangenehme Eigenschaften. Sie sind Überträger von Krankheiten wie Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber, Japanischer Enzephalitis und Zika. Zudem ist die Mücke sehr penetrant. Besonders tückisch: Sie sind tagaktiv, während die heimischen Stechmücken eher dämmerungs- und nachtaktiv sind.

Wie kann man sich schützen? Antivirale Medikamente gegen Dengue gibt es derzeit nicht. Zugelassen sind allerdings zwei Impfstoffe. „Empfehlenswert ist eine Impfung derzeit aber nur für Reisende mit Risikofaktoren“, sagt Katja Rothfuß. Denn trotz allem sei das Risiko, sich zu infizieren, gering, beruhigt sie. Zumal in Europa.

Daneben ist konsequenter Mückenschutz essenziell. Es helfen Antimückensprays. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Mittel mit dem hochwirksamen und langjährig erprobten Wirkstoff DEET. Auch der Wirkstoff Icaridin ist erprobt. Zudem sollte man lange, möglichst helle Kleidung tragen. Für Reisen in Risikogebiete gibt es spezielle Kleidungsstücke, durch die die Mücken nicht stechen können. Zudem kann man elektrische Verdampfer und Räucherspiralen einsetzen. Ebenfalls nicht vergessen: Moskitonetze.

Was kann man noch tun? Fachleute dringen auf neue, bessere Impfstoffe – und die Sensibilisierung des medizinischen Personals. „Eine wichtige Botschaft ist, dass die hiesige Medizin viel stärker an eigentlich der Tropenmedizin vorbehaltene Krankheiten denken muss“, sagt Kremsner. Krankheiten wie Dengue habe es hier bisher nun mal nicht gegeben: „Das zu verinnerlichen wird sicher eine Herausforderung.“