Fritz Haber wurde Ende 1911 zum Direktor des neuen Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) in Berlin-Dahlem berufen, das 1912 seinen Betrieb aufnahm. In dem Institut, seit 1953 das „Fritz-Haber-Institut“, versammelten sich zahlreiche Wissenschaftler. 1914 wurde Haber zum Berater des Kriegsministeriums, der Etat des Instituts stieg beträchtlich.

 

Das mit der Ammoniaksynthese entwickelte „Haber-Bosch-Verfahren“ diente zunächst zur Herstellung von Salpetersäure, einem wichtigen Bestandteil von Munitionssprengstoff. Haber wurde mit Ausbruch des Krieges auch zum Leiter der „Chemischen Abteilung“ ernannt – in Dahlem und auf einem Schießplatz bei Köln-Wahn wurden erste Versuche gemacht mit Gasgemischen. Am 17. Dezember 1914 kam dabei im Gasraum des Instituts in Dahlem ein Mitarbeiter ums Leben.

Haber führte auch Tierversuche durch – mit Mäusen, später mit Hunden, Katzen und Affen. Bei ihnen traten – wie später bei Soldaten an der Front – immer dieselben Symptome auf: Lungenödeme, inneres Verbluten, ein alles in allem qualvoller Tod.

Zwei Biografien haben sich mit Clara Immerwahr befasst

Mit der Rolle von Habers Frau Clara haben sich in den neunziger Jahren zwei Biografien befasst: Gerit von Leitner („Der Fall Clara Immerwahr“, München 1994) und Margit Szöllösi-Janze („Fritz Haber 1868– 1934“, München 1998). Demnach hatte Clara Haber schon zu Kriegsbeginn engen Freunden von ihren Gewissenskonflikten berichtet. Ihr Zorn richtete sich zunächst gegen die Tierversuche. Fritz wollte von ihren Einwänden, der Kritik „an der Perversion der Wissenschaft“ nichts wissen. Clara hielt sich wenig an die ihr auferlegte Geheimhaltungspflicht.

Die Familie lebte in Karlsruhe in der Moltkestraße

Welche Folgen der Giftgasangriff für Haber persönlich zeitigen sollte, zeigte sich einige Tage später. Der 1868 in Breslau geborene Fritz Haber, seit 1894 als Assistent an der TH Karlsruhe tätig und 1906 dort zum ordentlichen Professor und Direktor des Instituts für physikalische Chemie berufen, hatte im Januar 1901 die ebenfalls promovierte Breslauer Chemikerin Clara Immerwahr geheiratet. Die zwei Jahre jüngere Clara steckte seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes Hermann 1902 in vielen Dingen zurück und war nicht (mehr) berufstätig. Die Familie lebte in Karlsruhe lange in der dortigen Moltkestraße 31.

Clara Haber, geborene Immerwahr, galt als wahrheitsliebend und geradlinig: sie wollte Sachen ausdiskutieren und fühlte sich in ihrer Rolle als „Anhängsel“ eines ehrgeizigen, vor allem seinem Beruf verschriebenen Wissenschaftlers offenbar zusehends unwohl. Sie verzichtete auf Modetrends und erschien bei Empfängen im Haus in der Karlsruher Weststadt zuweilen in der Kochschürze – bewirtete ihre Gäste freilich vorzüglich. Die Spannungen zwischen ihr und ihrem auf die Forschung fixierten Gatten wuchsen.

Lungenödemn und inneres Verbluten

Fritz Haber wurde Ende 1911 zum Direktor des neuen Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) in Berlin-Dahlem berufen, das 1912 seinen Betrieb aufnahm. In dem Institut, seit 1953 das „Fritz-Haber-Institut“, versammelten sich zahlreiche Wissenschaftler. 1914 wurde Haber zum Berater des Kriegsministeriums, der Etat des Instituts stieg beträchtlich.

Das mit der Ammoniaksynthese entwickelte „Haber-Bosch-Verfahren“ diente zunächst zur Herstellung von Salpetersäure, einem wichtigen Bestandteil von Munitionssprengstoff. Haber wurde mit Ausbruch des Krieges auch zum Leiter der „Chemischen Abteilung“ ernannt – in Dahlem und auf einem Schießplatz bei Köln-Wahn wurden erste Versuche gemacht mit Gasgemischen. Am 17. Dezember 1914 kam dabei im Gasraum des Instituts in Dahlem ein Mitarbeiter ums Leben.

Haber führte auch Tierversuche durch – mit Mäusen, später mit Hunden, Katzen und Affen. Bei ihnen traten – wie später bei Soldaten an der Front – immer dieselben Symptome auf: Lungenödeme, inneres Verbluten, ein alles in allem qualvoller Tod.

Zwei Biografien haben sich mit Clara Immerwahr befasst

Mit der Rolle von Habers Frau Clara haben sich in den neunziger Jahren zwei Biografien befasst: Gerit von Leitner („Der Fall Clara Immerwahr“, München 1994) und Margit Szöllösi-Janze („Fritz Haber 1868– 1934“, München 1998). Demnach hatte Clara Haber schon zu Kriegsbeginn engen Freunden von ihren Gewissenskonflikten berichtet. Ihr Zorn richtete sich zunächst gegen die Tierversuche. Fritz wollte von ihren Einwänden, der Kritik „an der Perversion der Wissenschaft“ nichts wissen. Clara hielt sich wenig an die ihr auferlegte Geheimhaltungspflicht.

Fritz warf ihr vor, nur „aus idealistischen Motiven“ gegen den Krieg wirken zu wollen. Er verwehrte ihr zusehends den Zugang „zu seiner Welt“ und warf ihr vor, „sie stehe außerhalb der Realität“. Die Männer von Habers sogenannter Truppe „meteorologischer Frontbeobachter“ interessierten sich nur für Technik und Taktik, dafür, wie sie an der Frontlinie die mit Gas befüllten Stahlflaschen geräuschlos transportieren und in Schützengräben sicher vor feindlichem Beschuss würden einbauen können. „Nachdenken behindert das patriotische Geschäft“, wurde Clara von einem Adjutanten Habers beschieden. Am 1. Mai 1915 eskalierte die Situation: Der nach dem Giftgaseinsatz von Ypern zum Hauptmann beförderte Fritz Haber feierte mit Gästen in der Dahlemer Villa seine Ernennung zum Offizier – auf die er 1889/90, als er noch nicht zum Christentum übergetreten war, vergeblich gewartet hatte.

Als das Haus schließlich leer war, schrieb Clara über Stunden in mehreren Abschiedsbriefen auf, was sie der Nachwelt übermitteln wollte. An der Garderobe des Hauses hing die Dienstwaffe ihres Mannes. Damit schoss sie sich im Morgengrauen des 2. Mai 1915 ins Herz – und war nur wenige Stunden später tot. Das Hauspersonal hatte die Abschiedsbriefe gesehen. Doch später waren sie verschwunden – vermutlich wurden sie bewusst vernichtet.

„Beklemmend soldatisch“

Die „Grunewald-Zeitung“ berichtete damals: „Durch Erschießen ihrem Leben ein Ende gesetzt hat die Gattin des Geheimen Regierungsrats Dr. H. in Dahlem, der zur Zeit im Felde steht. Die Gründe zur Tat der unglücklichen Frau sind unbekannt.“ Hauptmann Haber war noch am 2. Mai, dem Todestag seiner Frau, an die Ostfront, dem heutigen Südostpolen, abgereist. Er äußerte sich lediglich einmal kurz schriftlich, am 12. Juni, zum Tod seiner Frau. Der Brief, gerichtet an einen Chemieprofessor, wurde angeblich aus einer Mülltonne in Karlsruhe gezogen. „Beklemmend soldatisch begegnete er dem Freitod seiner Frau“, urteilte später einer seiner Biografen. Haber wurde 1919 vom norwegischen Nobelkomitee für das Modell der Ammoniaksynthese mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Die Verleihung fand im Juni 1920 statt. Zuvor hatte er noch befürchtet, als Kriegsverbrecher verhaftet zu werden und war zeitweilig auf der Flucht.

1933 musste er – als Jude von Herkunft – von seinem Posten als Institutsleiter in Dahlem zurücktreten und bereitete seine Emigration vor. Doch Fritz Haber starb am 29. Januar 1934 überraschend im schweizerischen Basel – an einem Lungenödem. Für Peter Exner, den Historiker am Generallandesarchiv Karlsruhe, der das Ehedrama für die grenzüberschreitende deutsch-französische Ausstellung „Menschen im Krieg 1914–1918“ aufgearbeitet hat, ist dieser Tod eine „Ironie der Geschichte“: auch die vielen Giftgasopfer waren auf diese Weise gestorben.