„Der Tatortreiniger“ geht wieder seiner blutigen Arbeit nach: Im NDR-Fernsehen wird Bjarne Mädel von Charly Hübner, Fritzi Haberlandt und anderen Stars unterstützt.

Stuttgart - Er ist wieder da! Der „Tatortreiniger“ Heiko Schotte, besser bekannt unter dem Spitznamen „Schotty“. Und mit den sechs neuen Episoden kommt das schönste Weihnachtsgeschenk, das dem Fernsehen, genauer gesagt: dem NDR, zu verdanken ist. An diesem Donnerstag beginnt mit den Folgen „Bestattungsvorsorge“ und „Das freie Wochenende“ die fünfte Staffel. Am 21. Dezember folgen die Episoden drei und vier: „Pfirsich Melba“ und „Anbieterwechsel“, und an Silvester die Episoden fünf und sechs „E.M.M.A. 206“ und “Freunde“.

 

Auch in den neuen Folgen ist keine Spur von Ermüdungserscheinungen oder gar Redundanz zu entdecken. Wieder sind es die wunderbar lebensphilosophischen Miniaturen, in denen der bodenständige, aber für alles ihm Fremde aufgeschlossene Schotty den Hinterbliebenen oder Freunden des Toten begegnet und sich mit seiner rustikalen Lebensauffassung an der von anderen misst. Immer noch sind es die lebensklugen, intelligent geschliffenen und witzsprühenden Dialoge, in denen auch Ernstes, wie nebenbei, verhandelt wird. Vor allem aber ist es natürlich der großartige Bjarne Mädel, der über ein Spektrum an nuanciertem Mienenspiel verfügt, von dem man gar nicht ahnte, dass es sich im Gesicht eines einzigen Menschen ausdrücken kann.

Ebenbürtig sind ihm aber auch seine Partner und Partnerinnen. Manche gehören sogar inzwischen zum Ensemble, wie Jörg Pose und Peer Martiny, die als Bestattungsunternehmer schon in „Angehörige“ und „Carpe Diem“ über den richtigen Transport von Särgen in Streit geraten sind. In „Bestattungsvorsorge“, der ersten von den neuen Folgen, konfrontieren sie Schotty mit dessen Sterblichkeit und wollen ihn zu einem Vertrag überreden, in dem er die Modalitäten seiner eigenen Beerdigung regelt und die Kosten jetzt schon übernimmt. Auch diesmal haben die beiden Herren mit dem Transport des Sargs Probleme, zumal das Gelände so matschig ist, dass sie . . . nein, man muss es sehen, man darf es nicht beschreiben.

Eine Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs

Geradezu genial am „Tatortreiniger“ ist auch das Casting. Denn neben der Besetzung von kleinen oder größeren Rollen mit bekannten Schauspielern wie Charly Hübner, Anneke Kim Sarnau, Christine Schorn, Alvara Höfels, Florian Lukas, Fritzi Haberlandt, Milan Peschel, Barbara Nüsse, Lisa Wagner oder Matthias Brandt in den früheren Staffeln – in den neuen Folgen „Anbieterwechsel“ und „E.M.M.A. 206“ sind es Anna Schudt und Simon Schwarz – , werden die größeren Rollen mit Schauspielern besetzt, die vom Theater kommen, deren Namen in keiner Film- oder Fernsehbiografie prominent vertreten sind. Umso faszinierender, was es da zu entdecken gibt: zum Beispiel die brillante Annika Meier, die in der Folge „Das freie Wochenende“ eine Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs spielt. Sie hat sich unentbehrlich gemacht, als Mutter, Ehefrau und im Beruf und möchte nur mal „drei Tage richtig ausschlafen“, aus dem Hamsterrad heraus. Da ist sie bei Schotty an der richtigen Adresse. Und so urkomisch die Lektion ist, die Schotty ihr – und sie ihm – erteilt: Bei der Pointe am Ende bekommt man vor Rührung feuchte Augen.

Die bekommt man auch bei dem hinreißenden Björn Meier, der in der skurrilen Folge „Pfirsich Melba“ einen Autisten spielt. Er begehrt hartnäckig Einlass in ein Eiscafé, in dem Schotty gerade die Überreste des ermordeten Besitzers wegputzt. Der junge Mann besteht aber, wie jeden Sonntag, auf seinem Eisbecher „Pfirsich Melba“. Und mit welch überraschenden Wendungen diese Begegnung eskaliert, gehört zu den schönsten Entwicklungen, die für den „Tatortreiniger“ so charakteristisch sind: Wenn Schotty mit einem Hinterbliebenen in Dialog tritt, verändert sich für beide Seiten der Blick aufs eigene Leben.