Helmut Barth hat die Messe Stuttgart und die Stiftskirche mit Spitzen-Soundanlagen ausgestattet. Reich geworden ist er damit nicht. Jetzt versucht er noch mal sein Glück – mit einem neuen Firmensitz und einer Audio-Box der Referenzklasse.

Klangkunst - Falls jemandem schon einmal aufgefallen ist, dass die Durchsagen in den Hallen der Landesmesse Stuttgart ziemlich verständlich sind – liegt das an Helmut Barth. Und wer auch in den hintersten Reihen der Stuttgarter Stiftskirche die Predigt des Pfarrers in jeder kleinen akustischen Nuance versteht – der kann sich bei Helmut Barth bedanken. In der Szene der Klangtechniker ist der Name Barth längst bekannt. Doch der schüchterne, mittelgroße Herr mit schütterem Haar und hellen, wachen Augen hat mit seinem großen Können nie das große Geld gemacht. Ein richtiger Geschäftsmann ist aus dem brillianten Techniker nie geworden.

 

„Ich habe irgendwie immer die falschen Partner gehabt“, sagt der 60-Jährige und blickt ein wenig schelmisch durch seine ovalen Brillengläser. Um ein Thema redet er gar nicht erst lange herum: mehrfach hat Helmut Barth wirtschaftlichen Schiffbruch erlitten. Doch der unermüdliche Bastler und Tüftler ließ sich davon den Spaß nicht verderben und hat jetzt mit einem neuen Geschäftspartner einen Neuanfang gewagt. „Ich muss schließlich noch ein paar Jahre arbeiten.“ Dieses Mal ist es offenbar der richtige Partner – doch dazu später mehr.

Ein improvisiertes Klanglabor

Barth gründete zusammen mit einem Vaihinger eine Firma mit dem simplen Namen „Barth“ mit Sitz im Stadtteil Riet. Sein neuestes Projekt: eine Audio-Box in der obersten Klangliga – High End, wie der Fachmann sagt. Mit fast schon spürbarem Stolz und ein bisschen aufgeregt präsentiert der gebürtige Nürtinger seine beiden Klang-Babys. Der Ort des Geschehens: das private Wohnhaus Barths, gelegen in Römerstein auf der Schwäbischen Alb. Einen Raum im Obergeschoss hat er zu einem schallarmen Klanglabor zusammen improvisiert.

Nichts deutet darauf hin, dass hier ein Mann am Werke ist, der sich in der Szene der Klangspezialisten längst bundesweit einen Namen gemacht hat. Bereits in den 1980er Jahren wurde eine seiner Boxen im Fachmagazin „Audio“ rezensiert und dabei positiv bewertet. „Auf Anhieb gefiel die klangliche Balance, die sehr neutral, fein zeichnend und losgelöst von der Box das Klangpanorama aufspannt“, schwärmte das Magazin schon damals.

Ein unwahrscheinliches Klangerlebnis

Und heute? Barth lässt sich Zeit mit der Hörprobe und philosophiert zuerst über die grundsätzlichen Probleme, elektrische Impulse umzusetzen und möglichst ohne Verzerrungen und Verfälschungen ins menschliche Ohr zu transportieren. Dann, endlich, kommt der Praxistest. Und der beeindruckt zumindest den Laien zutiefst. Vokalpassagen, die so gegenwärtig und unmittelbar, unverfälscht klingen, als säße die Sängerin zweieinhalb Meter vor dem Zuhörer. Dazu Bässe, die durchaus druckvoll zu nennen sind – und geeignet sind, ein Kribbeln im Bauch hervorzurufen. Dennoch sind die tiefen Töne nie wummerig, dröhnend, sondern immer auf den Punkt und nie zu viel. Die beiden 40 Kilogramm schweren und 1,40 Meter hohen Boxen ermöglichen es, mühelos die verschiedenen Klangschattierungen eines komplexen Bläsersatzes wahrzunehmen – hier die Tuba, da Trompeten, Posaune, Saxofon: alles ist lebendig und präsent.

Spätestens jetzt, wo Helmut Barth bemerkt, dass der Pressevertreter von seinem Klangwerk beeindruck ist, vermag auch der Tüftler selbst, seine Euphorie nicht mehr zu bremsen. „Ich hab wirklich schon viel gehört, aber so etwas noch nicht“, sagt Barth. Sein neuestes Werk sei „die beste Box, mit den besten Materialien, die ich je gebaut habe“. Gedacht seien die Boxen allerdings in erster Linie für den professionellen Einsatz, in Tonstudios etwa, wo die Klangqualität von Aufnahmen möglichst präzise erfasst und dargestellt werden müsse. Kein Wunder. Aufgrund der teuren Materialien – allein die Hochtöner kosten 600 Euro pro Stück – ist der Preis für den Normalverbraucher eher unerschwinglich. Sie kosten 10 000 Euro pro Stück. „Aber wer weiß?“, witzelt Barth, „manche Leute kaufen sich auch einen Ferrari, obwohl sie damit nur auf den normalen Straßen rumfahren können.“

Was tun mit einem Rechtecksignal?!

Prompt hebt der selbst ernannte „Techniker und Musikliebhaber“ – er spielt mehrere Instrumente – wieder zu einem theoretischen Exkurs mit praktischem Teil ab. Praktisch allen guten Boxen sei es möglich, ein elektrisch erzeugtes Sinus-Signal adäquat wiederzugeben. Per professionellem Messmikrofon, angeschlossen an ein Oszilloskop, ein Gerät, das Schallwellen abbildet, erbringt er den Beweis. Das Ausgangssignal und das von den Boxen reproduzierte Signal sind hier optisch praktisch identisch.

Aber jetzt! Barth schaltet um auf das Rechtecksignal – ein Klang, der sich am ehesten mit den schrillen Synthesizer-Sounds der 1980er Jahre à la Depeche Mode beschreiben lässt. Hier stoßen Boxen – auch teure Exemplare – an ihre technischen Grenzen (ein Thema, das in Fachforen im Netz sehr intensiv problematisiert wird). Barths Box hingegen zeichnet die harten klanglichen Ausschläge verblüffend genau nach. „Darauf bin ich wirklich ziemlich stolz“, sagt er, „das glauben mir die Leute oft nicht. Aber dann zeige ich ihnen das hier – und dann ist Ruhe. Das hier ist hohe Kunst“, sagt Helmut Barth mit weit aufgerissenen Augen, mitgerissen vom eigenen Können.

Ein Partner mit Vergangenheit

Ach ja, Barths Geschäftspartner ist offenbar wirklich der Richtige. Denn er hilft ihm zurzeit dabei, ärgerliche Markenstreitigkeiten mit seinen früheren Partnern durchzufechten. Hans-Jörg Schaller aus Vaihingen kennt Barth seit Jahren und unterstützt ihn beim Neuanfang. Warum? „Ich liebe helles Bier, verdammt roten Wein und gute Musik mit hervorragenden Lautsprechern“, sagt Schaller. Er spielt damit auf seine weiteren Projekte an: ein Bier mit dem Namen „Fucking Hell“, einen Rotwein namens „Fucking Red“, den er schon gegen den Getränkehersteller Red Bull verteidigen musste. Und jetzt gehe es schlicht um „Fucking good Speakers“.