Die Entwöhnung von den Zigaretten fällt vielen Rauchern schwer. "Paipo", ein mit Watte gefülltes Plastikröhrchen, soll ihnen helfen.

Stuttgart - Mehr Geld in der Tasche, weniger Gesundheitsrisiken, ein gesünderes Aussehen und eine höhere Lebensqualität - all das spricht für einen Rauchstopp. "Etwa 80 Prozent der Raucher versuchen deshalb, von heute auf morgen aufzuhören. Aber höchstens fünf Prozent sind langfristig erfolgreich, denn Nikotin macht psychisch und körperlich abhängig", sagt Anil Batra, Leiter des Tübinger Arbeitskreises Raucherentwöhnung und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie.

 

Sein Rat: auf psychischer Ebene muss der Raucher bewusst und unbewusst lernen, bestimmte Situationen, körperliche Gefühle, Stressabbau und Orte mit der angenehmen Wirkung der Zigarette in Verbindung zu bringen. "Diese Gedächtnisinhalte, die sogenannten Hinweisreize, verblassen nach einem Rauchstopp nur allmählich und haben deshalb eine große Bedeutung im Hinblick auf einen etwaigen Rückfall", sagt Anil Batra.

Aufhören bald einfacher?

Wer schon einmal dachte, er könne so einfach aufhören zu rauchen, der weiß: die Versuchung lauert an jeder Ecke. Entzugssymptome sind unangenehm, und die Angst vor einer möglichen Gewichtszunahme verstärkt den Drang zurück zum Glimmstängel. "Wer bei der Raucherentwöhnung das erste Vierteljahr übersteht, hat gute Aussichten, auch nach einem Jahr rauchfrei zu sein. Danach fangen bis zum fünften Jahr jährlich nur zwei Prozent wieder an zu rauchen", sagt der Tübinger Suchtforscher.

Für einen Teil der Raucher könnte es künftig möglich sein, ihre Erfolgschancen dank "Paipo" noch weiter zu verbessern. Paipo ist die Bezeichnung für ein Röhrchen in Zigarettengröße, befüllt mit einem Wattebausch, der in natürlich extrahiertem Aroma wie Spearmint oder Grapefruit getränkt wurde.

Italienische Wissenschaftler haben zu diesem nikotin- und rauchfreien Ersatz-Glimmstengel eine Studie mit 120 gesunden Rauchern durchgeführt. Die Probanden wurden in zwei Gruppen eingeteilt, wobei eine Gruppe zusätzlich zu psychotherapeutisch ausgerichteter Beratung, Nikotinpflaster und Bupropion das Paipo erhielt.

Plastikröhrchen Paipo hilft Rauchern, aufzuhören

Ein Check nach 24 Wochen ergab auf den ersten Blick insgesamt keinen großen Unterschied zwischen den beiden Gruppen: Die Paipo-Probanden schnitten mit 33 Prozent ab, bei der Kontrollgruppe schafften 28 Prozent den Rauchstopp.

Allerdings zeigte sich, dass Probanden mit einer ausgeprägten Verhaltensabhängigkeit von Paipo profitierten: 67 Prozent dieser "speziellen" Studienteilnehmer aus der Paipo-Gruppe schafften den Rauchstopp. In der Vergleichsgruppe waren es dagegen nur 19 Prozent.

Das Plastikröhrchen könnte also für all jene Raucher, die ihre Hände beschäftigen müssen, eine Hilfe sein. Allerdings ist die Zahl der Raucher in beiden verhaltensabhängigen Untergruppen mit 26 und 24 relativ klein, was die Aussagekraft der Untersuchung einschränkt. Außerdem handelt es sich nicht um eine placebokontrollierte Studie.

Methoden, die die Nikotinentwöhnung erleichtern

Paipo ist nicht das einzige Produkt, das den Rauchstopp erleichtern soll. Rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind nikotinhaltige Pflaster, Lutschtabletten sowie Nikotin-Inhalierer bei mittelstarker bis starker und Kaugummi bei geringer bis mittelstarker Abhängigkeit.

Bei diesen Produkten wird die Nikotindosis schrittweise verringert, das Nikotin nur langsam und gleichmäßig abgegeben. Auf diese Weise werden Entzugssymptome unterdrückt und das Verlangen nach einer Zigarette verringert. Die Erfolgsrate liegt bei diesen Varianten bei 6 bis 10 Prozent. Nebenwirkungen gibt es kaum.

Außerdem gibt es zwei spezielle nikotinfreie Medikamente: Zyban mit dem Wirkstoff Bupropion ist vor allem für starke Raucher geeignet und wird in niedriger Dosis etwa drei Monate lang angewandt. Es hemmt die Wiederaufnahme des Botenstoffs Dopamin und reduziert so das Rauchverlangen.

Das rezeptpflichtige Medikament verdoppelt die Erfolgschancen in Kombination mit anderen Therapien wie einer Verhaltenstherapie langfristig. Allerdings sind starke Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, Krampfanfälle, Blutdrucksteigerungen und Schwindel möglich.

Rauchen kann man "verlernen"

Die ebenfalls verschreibungspflichtige Nichtraucherpille Champix enthält den Wirkstoff Vareniclin, der die Nikotin-Rezeptoren besetzt und den Raucher so vom Rauchen abhalten soll. Körperliche Entzugserscheinungen sind stark abgemildert. Studien ergaben nach 40 Wochen für Champix eine Erfolgsquote von 23 Prozent und für Zyban von 16 Prozent. Allerdings sind auch hier nicht unerhebliche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel möglich.

Zur Entwöhnung eher nicht geeignet - weil sie alte Gewohnheiten unterstützt - ist die elektrische Zigarette. Sie ist ein "Dampfgerät", das nach Anbieteraussagen weniger schädlich sein soll als die normale Zigarette, da nur das Suchtmittel Nikotin und diverse Aromastoffe und keine krebserregenden Substanzen inhaliert würden.

Das Ziel einer Verhaltenstherapie ist es, das Rauchen zu verlernen. Die Erfolgsrate bei einer mehrwöchigen Verhaltenstherapie beträgt circa 20 Prozent, wobei Verhaltenstherapien in der Gruppe erfolgreicher sind als eine Einzeltherapie. Umfasst die Verhaltenstherapie eine intensive Nachbetreuung, kann sich die Erfolgsrate nochmals verbessern.

Das Wichtigste: Ein starker Wille

"Die fachärztlichen Leitlinien empfehlen zudem eine Kombination von Psychotherapie beziehungsweise Verhaltenstherapie und Medikamenten. Aufgrund der Nebenwirkungen von Produkten wie Champix und Zyban ist die Kombination von Nikotinersatzprodukten und Verhaltenstherapie die erste Wahl", sagt Entwöhnungsexperte Batra.

Bei der Hypnotherapie schließlich wird der Raucher in einen Trancezustand versetzt, in dem das Unterbewusstsein Anweisungen des Therapeuten entgegennimmt. Sie sollen den Wunsch, Nichtraucher zu sein, verstärken. Nichtrauchersituationen werden bewusst mit positiven Gefühlen verknüpft.

Damit soll ein positives, rauchfreies Selbstbild vermittelt werden. Über die Erfolgsquote lässt sich noch nichts sagen. Aber die Tübinger Forscher führen momentan in Kooperation mit einer Institution in Hamburg eine Studie durch, die die Hypnotherapie der Verhaltenstherapie gegenüberstellt. Letztlich hilft aber wohl nur eins: der tiefe Wille aufzuhören.