Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat in ihrem ersten Länderspiel nach dem enttäuschenden Vorrunden-Aus bei der WM in Russland ein Unentschieden gegen Weltmeister Frankreich geholt.

Sport: Marco Seliger (sem)

München - Die Umarmung der Weltmeistertrainer fiel herzlich aus. Der Bundestrainer Joachim Löw drückte seinen französischenKollegen Didier Deschamps mit zufriedener Miene. Kurz huschte sogar ein Lächeln in sein Gesicht – und das passte ganz gut zu dem 0:0 zum Auftakt der Nations League am Donnerstagabend in der Münchner Allianz-Arena, bei dem sich die deutsche Nationalmannschaft 71 Tage nach dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM einen positiven Eindruck hinterließen. „Es ist ein wenig ärgerlich, dass wir das Tor nicht gemacht haben“, sagte Mittelfeldstar Toni Kroos. „Wir wollten aber erst einmal kompakt stehen, das war nach so einem Negativerlebnis klar. Ich glaube, das ist gut gelungen.“

 

Das Spiel war mit Spannung erwartet worden. Nicht, weil die Fans ein außerordentliches Interesse an der neu eingeführten Nations League hegen. Sondern, weil es eben der erste Auftritt nach der WM-Enttäuschung und der darauffolgenden Querelen samt dem Rücktritt von Mesut Özil war. Fazit: Es war kein ganz großer Neuanfang, aber ein ganz ordentliches Neuanfängle.

Bundestrainer überrascht mit Spielsystem

Die handelnden Personen sind ja weiterhin fast identisch mit denen, die das Scheitern in Russland zu verantworten hatten. Joachim Löw bot elf Weltmeisterschaftsteilnehmer von Beginn an auf. Im Vergleich zum WM-Aus Ende Juni in Kasan gegen Südkorea (0:2) war die Mannschaft auf vier Positionen verändert: Jérôme Boateng, Antonio Rüdiger, Matthias Ginter und Thomas Müller spielten statt Niklas Süle (Bank), Jonas Hector (Absage), Sami Khedira (nicht nominiert) und Mesut Özil (Rücktritt).

Mit dem Spielsystem überraschte Bundestrainer Joachim Löw allerdings. Er vertraute auf vier etatmäßige Innenverteidiger in hinterster Reihe und einen defensiv ausgerichteten Abräumer davor. Wobei das so ganz neu gar nicht war. Es erinnerte vielmehr an den Start in die erfolgreiche WM 2014, da war das genauso. Und wie seinerzeit spielte vor vier physisch imposanten Abwehrrecken wie Jérôme Boateng und Mats Hummels ein ballsicherer, wendiger Rechtsverteidiger des FC Bayern München – damals Philipp Lahm, jetzt Joshua Kimmich. Neuland war das für den 23-Jährigen jedoch nicht. In noch jüngeren Jahren war er auf dieser Position zu Hause, etwa einst in der Jugend des VfB Stuttgart.

Mehr Demut, weniger Arroganz

Mit seinem Abwehrbollwerk verlieh Joachim Löw dem vorab proklamierten Fokus auf die Defensive Ausdruck. Wirkungsvoller Powerfußball statt brotlose Fußballkunst, heißt die Devise. Mehr Kompaktheit, weniger Löcher im Mittelfeld. Mehr Stabilität, weniger Schwankungen. Mehr Demut, weniger Arroganz.

Die Balance im Spiel, mit der das französische Nationalteam den WM-Titel geholt hatte, ist das neue Vorbild: hinten gut stehen, Bälle gewinnen, schnell umschalten und dann offensiv gefährlich werden. Zumindest die ersten beiden Parts dieses Vierklangs funktionierten über 90 Minuten gut. Die tief gefallenen Deutschen ließen gegen die hoch fliegenden Franzosen nicht viel zu.

Das 0:0 darf die DFB-Elf als Erfolg für sich verbuchen. Die erste Partie nach der WM war ja gleich ein Pflichtspiel und ein echter Prüfstein. Zumal die Franzosen mit Ausnahme des verletzten Torwarts Hugo Lloris mit dem gleichen Team antraten wie im WM-Finale Mitte Juli gegen Kroatien (4:2). Allerdings war die Mannschaft um Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart freilich noch nicht auf dem Niveau von Moskau, die Spieler waren nach dem Triumph ja deutlich später ins Training eingestiegen als die früh ausgeschiedenen Deutschen.

Weiter geht es mit dem Freundschaftsspiel gegen Peru

Die Weltmeister von 2014 punkteten gegen die Weltmeister von 2018 mit gutem Engagement. Der Wille, positive Schlagzeilen zu schreiben nach Wochen voller Kritik und Häme, war erkenntbar. Die Deutschen spielten dabei auf Sicherheit, um nicht entblößt zu werden von ihren technisch stärkeren, schnelleren und gefestigteren Nachfolgern. Darunter litt lange die offensive Schlagkraft. In der letzten halben Stunde wurden die Gastgeber jedoch etwas mutiger und hatten in ihrer stärksten Phase zwischen der 65. und 75. Minute fünf gute Chancen. Alphonse Areola (Paris Saint-Germain), der Debütant im französischen Tor, vereitelte sie jedoch. Weiter geht es nun mit dem Freundschaftsspiel gegen Peru am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena.