Deutschland in der Coronakrise Kommt die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie?

Während viele Geschäfte wieder öffnen, müssen Restauranttische weiter leer bleiben. Die Gastronomie hat es in der Corona-Pandemie besonders schwer. Wie man ihr helfen kann, ist umstritten.
Berlin - Die Forderung nach einer reduzierten Mehrwertsteuer für die Gastronomie nach der Corona-Krise stößt in der Politik auf ein geteiltes Echo. „Keine Staatshilfe und keine Entlastung kann dauerhafte Schließung kompensieren“, sagte FDP-Chef Christian Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Die Senkung der Mehrwertsteuer sei überfällig - zugleich aber „nur eine Schmerzlinderung“. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bezeichnete den Vorschlag in einem Interview mit dem Sender Bayern 2 als „eine Variante“. Gastgewerbe und Gastronomie gehörten mit Sicherheit zu den Branchen, die Hilfe benötigten. Über den genauen Weg gebe es aber noch Diskussionen.
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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zurückhaltend zu den Debatten über eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie. Am Mittwoch werde sich der schwarz-rote Koalitionsausschuss mit diesen Themen befassen, sagte Merkel am Montag in Berlin. So gebe es etwa beim Thema Kurzarbeitergeld Menschen mit einem sehr geringen Einkommen im Gastronomie- oder im Dienstleistungsbereich. Es gebe aber auch Unternehmen, die auf 100 Prozent des Gehalts aufstockten. Der Koalitionsausschuss werde darüber reden, wo es Handlungsbedarf gebe.
Söder und Dobrindt für Reduzierung
Anders als für Geschäfte, die seit Montag unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen dürfen, gibt es für Restaurants und Hotels noch keinen Zeitplan für Wiedereröffnungen. Der Gaststättenverband Dehoga hatte als Teil eines Rettungspakets eine Herabsetzung des Mehrwertsteuersatzes vorgeschlagen. Derzeit gilt für Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrt werden, eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Für Gerichte, die der Gast mitnimmt oder nach Hause bestellt, fallen in der Regel nur 7 Prozent an.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten sich für eine vorläufige Reduzierung stark gemacht. Gaststätten und Cafés seien für eine Rückkehr in die Normalität besonders wichtig, hatte Dobrindt gesagt. „Wir wollen deshalb die Voraussetzungen schaffen für positive Startbedingungen in der Gastronomie.“
Unions-Haushälter Eckhardt Rehberg betonte: „Auch wenn die Beschränkungen gelockert werden, werden die Gäste nicht von heute auf morgen wieder zurückkehren, der Umsatz nicht so hoch wie vor der Epidemie sein.“ Die Senkung der Mehrwertsteuer könne daher nur ein Element eines Maßnahmenpakets sein, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet dagegen wandte sich einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge gegen solche Pläne.
„Achtsamer Neustart“
Spitzenköche, Gastronomiebetreiber und Großhändler machen sich derweil für baldige Lockerungen der Gastronomie-Beschränkungen stark. „Jede Woche der Schließung führt zu beträchtlichen Verdienstausfällen, wachsenden Liquiditätsengpässen und massiven Zukunftssorgen für die Unternehmerinnen und Unternehmer sowie ihre Familien“, hieß es in einem offenen Brief, mit dem sich die Autoren nach Angaben des Großhandelsverbands Foodservice am Montag an die Bundesregierung wandten. Man unterstütze die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, sei aber überzeugt, mit entsprechenden Abstandsregeln und Hygiene-Maßnahmen einen „achtsamen Neustart“ gewährleisten zu können, hieß es in dem Brief weiter. Zu den Unterzeichnern gehören Spitzenköche wie Frank Rosin, Tim Raue, Tim Mälzer, aber auch Handelsketten wie Metro oder Edeka.
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