Tränen fließen. Bei der Deutschland-Premiere im Scala in Ludwigsburg berührt „Der Fuchs“ das Kinopublikum tief. Zwei Freunde haben jahrelang hart dafür gearbeitet – und ein junger Schauspieler aus Wien macht mit seinem Können den Erfolg komplett.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Wäre ein so aufwendiger Film mit einem Etat von sechs Millionen Euro in Berlin oder Köln gestartet, wäre dort zur Deutschland-Premiere dieses emotionalen Stoffs, der mit einem Welpen unter die Haut geht, die gesamte Crew aufmarschiert – die Gäste hätten sich auf dem roten Teppich gedrängt und vor der Fotowand Selfies ohne Ende gemacht. In der 1901 eröffneten Kulturstätte Scala wirkt der Auftrieb für „Der Fuchs“ bescheiden. Mehr Understatement geht kaum.

 

Aus gutem Grund hat sich der vor 32 Jahren in Salzburg geborene Regisseur und Autor Adrian Goiginger für Ludwigsburg entschieden und feiert ganz ohne Brimborium. In dieser Stadt hat er an der Filmhochschule studiert und den gleichaltrigen Kommilitonen Gerrit Klein kennen gelernt, der bereits in jungen Jahren als Schauspieler in TV-Serien wie „Die Herzensbrecher“ Berühmtheit erlangte. Ludwigsburg ist die Stadt, in der die Träume der beiden Freunde groß wurden. Träume, die sich nun erfüllen.

„Der Fuchs“ wird in Österreich zum „Sensationserfolg“

Mit ihrer Produktionsfirma Giganten ist ihr erster Kinofilm „Der Fuchs“ in Österreich ein „Sensationserfolg“, wie dort zu lesen ist. Am 13. April kommt die wahre Geschichte in 80 deutsche Kinos – und startet zuvor dort, wo die cineastische Leidenschaft Adrian und Gerrit zusammenbrachte. Eine gigantische Freundschaft ist daraus geworden.

Die Ludwigsburger Premiere ist ein aufwühlender Abend der Emotionen, ein Abend der Tränen, ein Abend, der mit einer ungewöhnlichen Erzählweise, großartigen Landschaftsbildern und schauspielerischen Höchstleistungen begeistert.

Hauptdarsteller Simon Morzé, der Sohn von Petra Morzé vom Wiener Burgtheater, wird am Ende stürmisch bejubelt. Der 27-Jährige spielt den Franz Streitberger, den Urgroßvater des Regisseurs. Wenig sprach dieser, war verschlossen, weshalb sein Darsteller mit wenigen Worten, aber dafür mit Körpersprache um so mehr brillieren kann.

Die Eltern hatten für den jungen Franz in ihrer Pinzgauer Berghütte in den 20ern nicht genügend zum Essen. Mehr als eine Kartoffel bekam er mittags nicht. Sie gaben das Kind an einen Großbauern ab. Bei ihm musste er als Knecht wie ein Sklave schuften. Mit 18 haut er ab und schließt sich der Wehrmacht an, muss in den Krieg nach Frankreich. Einem Fuchswelpen, dessen Mutter in einer Falle stirbt, rettet er das Leben und zieht ihn groß. Eine Liebe zwischen Mensch und Tier entsteht, die großes Gefühlskino ist.

Der Urgroßvater hat die Geschichte seinem Adrian erzählt, als dieser 17 war – und musste damals weinen, obwohl er sonst nie Empfindungen zeigte. Dem Jungen war klar: Daraus muss er einen Film machen!

Der Urgroßvater starb wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag

Kurz vor seinem 100. Geburtstag starb Franz Streitberger im Jahr 2017. Seitdem hat der Urenkel das Projekt mit Gerrit Klein voller Eifer entwickelt. Es war ein Auf und Ab. Klein war fieberhaft damit beschäftigt, sechs Millionen Euro aufzutreiben. Ein hartes Stück Arbeit, das nach Jahren und nach vielen schlaflosen Nächten belohnt wird. Reichtümer kann Giganten Film aber kaum anhäufen. Vom Gewinn müssen Fördergelder zurückbezahlt werden.

Zur Premiere sind Brigitte Dithard vom SWR (in der ARD wird der Film gesendet) und Carl Bergengruen, der Geschäftsführer der mitzahlenden Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, mit anderen Vertretern der Stuttgarter Kulturszene eingeladen. Vier Welpen und zwei erwachsene Füchse, von zwei Tiertrainern betreut, spielten mit. Alle wurden ans Filmteam von Geburt an gewöhnt. Nur mit wenigen Leuten am Set, wie sonst nur bei Sexszenen, ist mit den scheuen Tieren gedreht worden, um sie nicht zu verschrecken.

Die Geschichte ist viel mehr als ein Antikriegsfilm

Der enorme Aufwand hat sich gelohnt, hört man beim begeisterten Publikum. Viele im Saal sind so ergriffen, dass Tränen fließen. Geschöpfe, ob Tier oder Mensch, können in harten Zeiten zusammenhalten und trotz der Gefahren Glücksmomente erleben.

Die Geschichte ist viel mehr als ein Antikriegsfilm. Sie ist ein Plädoyer für die Liebe, für die man immer kämpfen sollte. Also rein ins Kino und den Sitzplatz mit Gänsehaut teilen!