Die Landesverbände entscheiden über den neuen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes. Die Kandidaten: Wolfgang Niersbach und Erwin Staudt.  

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Frankfurt a. M. - Günther Jauch hat abgesagt. Er wird einen der begehrtesten wie auch schwersten Posten in Deutschland nicht übernehmen. Die Suche geht also weiter, bei "Wetten, dass...?" - und an anderer nicht weniger exponierter Stelle hat sie am Wochenende erst so richtig begonnen. Wer wird neuer Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)? Der Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hat schon einmal angemahnt, dass es doch bitte keine endlose, zähe Debatte geben möge wie zurzeit beim ZDF: "Wir müssen aufpassen, dass wir keine Nachfolgediskussion á la Thomas Gottschalk haben."

 

Vielleicht geht es ganz schnell. Am Mittwoch treffen sich die Vertreter der Landes- und Regionalverbände sowie des DFB-Präsidiums in Frankfurt. Es ist die erste Runde der DFB-Evaluierung bei der Suche nach einem neuen Chef - und danach, so heißt es, werde man deutlich klarer sehen. Namentlich gehandelt werden der DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach und der ehemalige VfB-Präsident Erwin Staudt.

Favorit ist dabei Niersbach, wenngleich sich im Vorfeld kein Verband offiziell aus der Deckung wagt. Allerorten wird von zwei geeigneten Kandidaten gesprochen. Es gilt dennoch als möglich, dass sich die Vertreter am Mittwoch auf eine Person (Niersbach) verständigen. Im Gespräch ist schon ein außerordentlicher DFB-Bundestag im Frühjahr.

Innerhalb der Verbände drängt sich keiner auf

Wolfgang Niersbach scheint der logische Nachfolger zu sein, selbst Zwanziger soll sich gestern für ihn ausgesprochen haben, obwohl das Verhältnis zwischen den beiden etwas abgekühlt ist. Kaum einer kennt sich besser aus in den Strukturen des Verbandes, seit Jahren bewegt sich Niersbach auf dem sportpolitisch schwierigen Parkett. Er hat als ehemaliger Journalist Erfahrung im Umgang mit Medien, auch bei den Landesverbänden hat er einen guten Ruf; seine kommunikativen Fähigkeiten werden gerühmt, was als Präsident an der Schnittstelle zwischen Profis und Amateuren eine der Kernkompetenzen ist.

Der 61-Jährige hat sich bisher nicht öffentlich geäußert und bedeckt gehalten. Dabei spielt wohl auch das Finanzielle eine Rolle, der DFB-Chefposten ist ein Ehrenamt. Dass dem Bedeutung zukommt, darauf deutet hin, dass der Niersbach-Fürsprecher Franz Beckenbauer sich nun dafür ausspricht, den Präsidenten künftig zu bezahlen. Ob das mit den Verbänden zu machen ist? Es wäre auch so schon ungewöhnlich, wenn ein Mann aus dem Hauptamt ins Ehrenamt wechselt. Den Gepflogenheiten folgt das nicht.

Traditionell rekrutiert der DFB seine Führung aus den Reihen der Amateure, was auch ein Zeichen dafür ist, dass man bei allem Getöse um die Nationalmannschaft im größten Sportfachverband der Welt seine Wurzeln nicht vergisst. Einige Landesverbände präferieren weiter diese Lösung. Dort findet sich aber wohl kein Kandidat. Rainer Koch, Präsident des einflussreichen süddeutschen Regionalverbandes, wäre einer gewesen. Doch der wurde kürzlich von Zwanziger demontiert und hat bereits abgewunken. "Sonst sehe ich keinen innerhalb der Verbände, der sich aufdrängt", sagt ein Landespräsident.

"Präsident der Amateure"

Deshalb spricht vieles für Niersbach - sollte der zur Kandidatur bereit sein. In diesem Fall würde Staudt, der innerhalb der Verbände durchaus Sympathien genießt, zurückziehen. Bei ihm gibt es ohnehin Zweifel, ob er tatsächlich der von Zwanziger ins Spiel gebrachte Kandidat ist oder ob sich nicht einfach ein Gerücht verselbstständigt und ihn in die erste Reihe gespült hat. Am Sonntag sollen sich Zwanziger, Niersbach und Stauft in Frankfurt zu einer Besprechung getroffen haben. "Wir stehen in ständigem Austausch", sagt Staudt dazu nur.

Staudt, einst auch Präsident des TSV Eltingen, sieht sich als Mittler zwischen den Polen. "Ich war VfB-Präsident, aber ich habe das Vereinsleben im Blut. Ich habe den Breitensport gelebt - und meine Wurzeln vergesse ich nie." Dazu das Profil aus der Wirtschaft, der sichere und große Auftritt - sollte Niersbach nicht wollen, könnte seine Stunde schlagen, taucht nicht doch noch ein Mister x auf. Ein Landesfürst sagt: "Von der Persönlichkeit her wäre Staudt für viele wählbar." Eine Kampfkandidatur gilt als ausgeschlossen.

Entscheidend ist das Votum der Landesverbände. Auf dem Bundestages haben sie 172 Stimmen, die Vertreter des Profifußballs 74. Sie sind die wahre Macht im DFB, was oft vergessen wird, weil sich fast alles auf den Spitzensport fokussiert. Sehr zu deren Ärger übrigens, die sich bisweilen als fünftes Rad am Wagen fühlen. Ihnen geht es deshalb vor allem darum, ihre Belange bei einem Präsidenten gut aufgehoben zu sehen. So ist auch einst Theo Zwanziger ins Amt gekommen, der als "Präsident der Amateure" galt. Er wurde als Gegenpol zu Gerhard Mayer-Vorfelder, von dem sie sich nicht entsprechend berücksichtigt fanden, in das Amt gehievt. Am Mittwoch wird eine Vorentscheidung fallen. Wetten, dass...?

Profis und Breitensport

DFB Der Deutsche Fußball-Bund ist der größte Sportfachverband der Welt. Im DFB sind mehr als 6,7 Millionen Mitglieder in gut 25.000 Vereinen organisiert. Theo Zwanziger führt den DFB seit 2004, erst als Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder, seit 2006 alleine.

DFL Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) vertritt die Interessen der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga. Über einen Grundlagenvertrag ist die Beziehung zum DFB geregelt. In der Vergangenheit gab es von Seiten der Amateure immer wieder Kritik an der DFL, dabei geht es vor allem um die Anstoßzeiten im Profifußball.