Stuttgart - Die größte Hochschule im Land, die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) mit 34 000 Studierenden, sucht eine neue Chefin oder einen neuen Chef. Nach nur einer Amtsperiode steht der seit 2016 amtierende Präsident Arnold van Zyl über 2022 hinaus nicht mehr zur Verfügung. Dies hatte er intern schon früh angekündigt, offenbar auch aus Enttäuschung über nicht erfüllte Erwartungen. Die Nachfolge des 62-Jährigen Ingenieurs und Hochschulmanagers war öffentlich ausgeschrieben, bis Anfang Mai konnten sich Bewerber melden. Mit Spannung wird nun erwartet, ob einer der intern gehandelten Aspiranten zum Zuge kommt oder ein möglicher externer Kandidat. Die Entscheidung soll im Herbst fallen.
Mit der Auswahl ist eine Findungskommission unter Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden befasst, des Managers und Arbeitgeberpräsidenten Stefan Wolf. Ihr gehören jeweils drei Mitglieder des Kontrollgremiums und des Senats an, zudem beratend die Gleichstellungsbeauftragte und eine Vertreterin des Wissenschaftsministeriums von Theresia Bauer (Grüne). Unterstützt wird das Gremium von einer Personalberatungsfirma. Die Wahl soll laut einem DHBW-Sprecher Mitte Oktober bei einer gemeinsamen Sitzung von Aufsichtsrat und Senat stattfinden.
Zwei interne Aspiranten werden genannt
Nach der Ausschreibung wird eine „gestaltungswillige, kommunikationsstarke und wertschätzende Führungspersönlichkeit“ gesucht. Sie soll Erfahrung im Führen und Weiterentwickeln von komplexen Organisationen haben. Ihre Aufgabe sei es, das besondere Profil der aus den Berufsakademien hervorgegangenen Hochschule „durch aktuelle und relevante Studienangebote“ weiter zu schärfen.
In Kreisen der DHBW werden nach Informationen unserer Zeitung mindestens zwei mögliche interne Interessenten genannt: der derzeitige Vizepräsident Peter Väterlein und der Rektor des Standorts Heidenheims, Rainer Przywara. Der ursprünglich hoch gehandelte Ravensburger Rektor Herbert Dreher stehe hingegen nicht zur Verfügung, hieß es; er habe aus persönlichen Gründen abgesagt. Auch die allseits geschätzte Professorin Doris Nitsche-Ruhland als nebenberufliches Präsidiumsmitglied will offenbar nicht Präsidentin werden. Väterlein und Przywara wollten auf Anfrage nichts zu möglichen Ambitionen sagen. Man habe vereinbart, dass sich die Mitglieder der Hochschulleitung nicht zum Besetzungsverfahren äußerten, teilte der Vize mit.
In fünf Anläufen zum Vizepräsidenten
Schon bei seiner Wahl zum Vizepräsidenten 2017 galt der Physiker Väterlein als potenzieller Nachfolger van Zyls. Bis zu seinem Amtsantritt musste er allerdings mehr als zwei Jahre warten, weil interne Kritiker die Entscheidung gerichtlich anfochten. Theresia Bauer hatte den Professor, der damals in ihrem Ministerium arbeitete, erst im fünften Anlauf mit knapper Mehrheit durchgebracht. Kritiker hatten ihr vorgeworfen, bei der Personalie gemauschelt zu haben. Nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht siegte das Land vor dem Verwaltungsgerichtshof und vor dem Bundesverfassungsgericht.
Die Vorbehalte gegen Väterlein hatten auch damit zu tun, dass er als Kandidat der Ministerin angesehen wurde. In den zurückliegenden Jahren war die DHBW erkennbar bestrebt, sich vom Ressort Bauers zu emanzipieren und zu einer „richtigen Hochschule“ zu werden. Inzwischen gelten die Gremien als unabhängiger und selbstbewusster. Positiv soll sich auch das Ausscheiden des Daimler-Vorstandes Wilfried Porth als Co-Vorsitzender des Aufsichtsrates ausgewirkt haben; er war wegen seines zuweilen ruppigen Führungsstils nicht unumstritten. Sein Nachfolger Stefan Wolf wird als kooperativer und diplomatischer wahrgenommen.
Als DHBW-Chef in „Falle“ getappt?
Der in Südafrika geborene van Zyl hatte die Position des DHBW-Chefs von Reinhold Geilsdörfer übernommen, der zur Stiftung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz wechselte. Bald nach seinem Amtsantritt zeigten sich Probleme bei Finanzierung und Management der DHBW. Im Zuge der dadurch ausgelösten Turbulenzen wurde die Führungsebene weitgehend ausgetauscht. Intern hatte van Zyl schon früh geklagt, man habe ihn unter falschen Voraussetzungen nach Stuttgart gelockt; er sei in eine „Falle“ getappt. Auf Nachfrage wollte er sich dazu nicht äußern.
Laut dem DHBW-Sprecher sieht van Zyl „die für seine Amtszeit gesetzten gemeinsamen Ziele durch das Präsidium erreicht“. Im Einzelnen nannte er die Stärkung der akademischen Selbstverwaltung, eine verlässliche Finanzierung, die Anerkennung des Qualitätsmanagements und eine Strategie für Forschung, Innovation und Transfer. Es sei gelungen, das Vertrauen zwischen den Organen zu verbessern und einen Kulturwandel in der DHBW einzuleiten. Nun freue sich van Zyl „auf den nächsten Lebensabschnitt mit vielfältigen privaten und beruflichen Projekten“.