DHBW-Präsidentin Martina Klärle Professorin mit Unternehmer-Gen

Martina Klärle ist an ihrer Traumhochschule angekommen. Foto: ichtgut/Max Kovalenko

Martina Klärle ist die neue Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Ihre Welt sind Wirtschaft und Wissenschaft, das macht die DHBW für sie zur „idealen Hochschule“.

Stuttgart - Endlich kann sie mal wieder Ade sagen, freut sich Martina Klärle. Zunächst sagt sie eher Grüß Gott. Die Umweltwissenschaftlerin ist die neue Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und damit auch beruflich im Land angekommen.

 

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Martina Klärle ist „unheimlich gerne in der Welt unterwegs“. Singapur, Kanada, die USA hat sie besucht, in Chile hatte sie ein Forschungsprojekt. Sie war Vizepräsidentin an der Frankfurt University of Applied Sciences, sie lehrte als Professorin in Frankfurt und in Osnabrück – zu Hause ist sie aber in Schäftersheim im Main-Tauber-Kreis. Dort ist sie geboren, dort ist sie verwurzelt.

Naturverbunden und klimabewusst

Im Herbst erntet sie auf der eigenen Baumwiese Äpfel, auf dem Bänkle am Nassauer Bach kann sie prima abschalten. Sie hat den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann in Umweltthemen beraten, in Schäftersheim hat sie Carsharing für die 800 Dorfbewohner initiiert. Sie ist Gesellschafterin des Dorfladens und hat einen 200 Jahre alten Bauernhof zu einem Plusenergiehof umgebaut. Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit, damit ist Martina Klärle zusammen mit sieben Geschwistern aufgewachsen. Das hat sie beruflich zu ihrem Thema gemacht. Sie hat Spaß an Zahlen und am Rechnen. „Meine Forschungsprojekte haben immer mit Natur und Zahlen zu tun.“ Ihr Podcast heißt „Rechnen für den Klimaschutz“.

DHBW, „die ideale Hochschule“

Klärle, die zunächst Vermessungstechnikerin gelernt hat, dann Vermessungstechnik und später Umweltwissenschaften studiert hat, ist jetzt als Präsidentin der DHBW auch beruflich zurück in Baden-Württemberg. Sie legt Wert auf Bodenhaftung in der Wissenschaft. Die Anwendungsorientierung der DHBW überzeugt sie. „Die DHBW ist für mich die ideale Hochschule, ich kann mir keine bessere für mich vorstellen, der ich vorstehen kann“, sagt die neue Präsidentin voller Begeisterung.

Klärle verbindet in ihrer Person die Charakteristika der dualen Hochschule, Wissenschaft und Wirtschaft. Die 54-Jährige hat schon in jungen Jahren Gründergeist bewiesen. Ihr erstes Unternehmen habe sie „aus Trotz“ gegründet, erzählt sie lächelnd.

Für ihr Studium Umweltwissenschaften suchte sie eine Abschlussarbeit in Weikersheim. Die Firma lehnte die Diplomandin ab. Klärle ärgerte sich, „dass die meine Arbeitskraft nicht mal umsonst haben wollten“, gründete eine Firma und zog den 200 000-Mark-Auftrag an Land. Weitere Gründungen folgten. Bis heute sagt sie ihren Studierenden, „wenn so eine Tür aufgeht, muss man auch den Mut haben zu gründen“.

Herausforderung: neue Mobilität

Klärle geht immer dem nächsten Ziel entgegen. Jetzt führt sie als erste Frau die mit 34 000 Studierenden größte Hochschule Baden-Württembergs. Auch dabei schreibt sie Nachhaltigkeit groß. „Die Studierenden sollen Botschafter für Nachhaltigkeit werden“, wünscht sich die Präsidentin. Das regionale Konzept mit den neun Akademien im ganzen Land überzeugt sie. Die Studiengänge an den dezentralen Standorten will sie noch stärker am jeweiligen Bedarf ausrichten. Über allem steht aber: „Die Aufgabe der Hochschule ist jetzt, die Mobilitätstransformation zu unterstützen.“ Der Umbau der Automobilindustrie und die Digitalisierung sind die großen Herausforderungen. „Der Maschinenbau muss sich ändern, da sind die nächsten zehn Jahre entscheidend.“ „Wir müssen Gas geben und die Studiengänge zukunftsfähig weiterentwickeln“, sagt die Präsidentin. Die Hochschule müsse schneller sein als die Unternehmen – und auf die richtigen Themen setzen.

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Im Tourismus fährt etwa der Standort Lörrach die Kurse von drei auf einen herunter. Inzwischen wird an einem Konzept zu Architekturstudiengängen getüftelt. Große Zukunftsfelder sieht Klärle in den Bereichen Gesundheit und Pflege. „Da müssen wir schnell nachziehen.“ Bei den Studenten besonders gefragt sind zudem Angebote zur Cybersicherheit.

Jetzt in Bildung investieren

Viele Branchen sind verunsichert, potenzielle Studierende ebenso. Die DHBW ist abhängig von der Wirtschaft. Ohne Ausbildungsplatz in einem Unternehmen ist das Studium an der DHBW nicht möglich. Da setzt die neue Präsidentin auf die Weitsicht der Betriebe: „Ich hoffe, dass die Unternehmen wissen, wie wichtig es ist, jetzt in Bildung zu investieren“, sagt Klärle und denkt dabei an Branchen wie Auto, Energie und Pflege. Die Zahlen stimmen zuversichtlich. Nach einem Coronaknick im vergangenen Jahr meldet die DHBW für dieses Jahr keine weiteren Einbrüche.

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Europaweites Netzwerk entwickeln

Für Klärle ist die DHBW wie für Wissenschaftsministerin Theresia Bauer „der Diamant unter den Hochschulen in Baden-Württemberg“. Doch seine Strahlkraft ist begrenzt. „In der deutschen und der europäischen Hochschullandschaft wird die DHBW noch zu wenig wahrgenommen“, stellt Klärle fest. Sie will ein europaweites Netzwerk entwickeln. Die DHBW soll sich zusammen mit anderen europäischen Hochschulen mit dualen Studienangeboten um den Titel Europäische Hochschule bewerben, den die EU vergibt. Das Thema wäre „duales Studieren in Europa“. Klärle ist von dem Konzept überzeugt: „Es würde mir Freude machen, die DHBW als Exportschlager international zu vertreten“, sagt sie und strahlt.

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