Dickes Minus im Etat Neue Gewerbeflächen als Goldesel in Steinheim umstritten

CDU und Freie Wähler setzen auf ein weiteres Gewerbegebiet, um mehr Gewerbesteuer zu generieren. Foto: Archiv (Avanti/Ralf Poller)

Die Fraktionen in Steinheim an der Murr überlegen, wie das Defizit im Haushalt dauerhaft beseitigt werden könnte. An einem neuen Verwaltungssitz rütteln sie aber nicht – und hoffen auf Windräder.

Der Gemeinderat hatte schon den Rotstift angesetzt. Dennoch klafft im Ergebnishaushalt für 2024 eine Lücke von rund 2,3 Millionen Euro. Das Minus wird in den nächsten Jahren nach den Berechnungen des Ersten Beigeordneten Stephan Retter zunächst eher sogar wachsen, als sich verringern. Trotzdem will die Stadt bis 2027 fast 40 Millionen Euro investieren, in neue Unterkünfte für Geflüchtete und einiges andere mehr. Die Verbindlichkeiten werden damit weiter steigen. Kurzum: Es sieht finanziell in Steinheim alles andere als rosig aus.

 

Neubau von Gymnasium könnte auch noch kommen

Gleichwohl ließ sich aus den Haushaltsreden im Gemeinderat am Dienstag heraushören, dass die Fraktionen am größten Brocken, einem neuen, zentralen Verwaltungssitz, grundsätzlich festhalten möchten – ohne sich bereits jetzt festlegen zu wollen ob in Form eines Neubaus am Marktplatz oder via Umgestaltung des NKD-Gebäudes. Die Würfel sollen fallen, wenn weitere Informationen zu den beiden Optionen auf dem Tisch liegen. Allerdings machten die Sprecher auch klar, dass das strukturelle Defizit im Etat bekämpft werden soll. Unterschiedliche Auffassungen gibt es darüber, wie das gelingen könnte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Löder findet, dass man weitere Unternehmen ansiedeln sollte, um so das Steueraufkommen langfristig zu erhöhen und alle Investitionen stemmen zu können. Insbesondere die Erweiterung des Gebiets Kreuzwegäcker, müsse „unverzüglich angegangen werden“. Löder erinnerte daran, dass ja in Zukunft zusätzliche finanzielle Belastungen blühten durch ein mögliches neues Gymnasium im Bottwartal und die Bottwartalbahn, die wieder aufleben soll.

Timo Renz (Freie Wähler) forderte ebenfalls, „Voraussetzungen für eine nachhaltige Ansiedlung von Gewerbesteuerzahlern“ zu schaffen. Die Verwaltung möge das Thema forcieren und sich über zukunftsfähige Branchen Gedanken machen. Renz appellierte aber auch an Bund und Land, Aufgaben wie die Ganztagsbetreuung an Grundschulen nicht an die Kommunen zu delegieren und diese dann finanziell im Regen stehen zu lassen. Annette Grimm (SPD) pflichtete ihm bei. Bildung von frühester Kindheit an sollte im Interesse aller liegen und Kita-Plätze eigentlich beitragsfrei sein, meinte die SPD-Chefin. Doch die Kosten für das Betreuungssystem seien nicht einmal ansatzweise auf alle Schultern verteilt.

SPD sieht weitere Versiegelung kritisch

Grimm hält aber nichts davon, die Lücke im Etat durch die Ausweisung von Gewerbegebieten zu stopfen. „Weitere Flächenversiegelung wäre notwendig, und der Geldsegen käme auch nur vielleicht in der erwarteten Höhe und wenn, dann weit in der Zukunft“, sagte sie. Rainer Breimaier (Grüne) sieht die Lösung auch eher in einer „kommunenfreundlichen Finanzreform“. So könne doch beispielsweise bei der Verteilung der Einkommensteuer eine Formel für die Städte und Gemeinden eingebaut werden, die Tariferhöhungen für das Personal ausgleiche. Breimaier hofft darüber hinaus, dass der Verband Region Stuttgart im Hardtwald Windräder zulässt. Und zwar nicht nur in ökologischer Hinsicht, sondern zur Auffüllung des städtischen Säckels. Dadurch könnten Jahr für Jahr „Pacht, EEG- und Gewerbesteuereinnahmen mit einer wohl sechsstelligen Summe“ verbucht werden.

Breimaier erinnerte zudem wie der Freie-Wähler-Vorsitzende Timo Renz daran, dass durch das Abstoßen städtischer Liegenschaften und ein Bündeln der Nutzungen in einzelnen Gebäuden mehr finanzieller Spielraum entstehen werde. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass die Immobilien derzeit zu einem Drittel brachlägen. Das leiste sich keine Privatperson und kein Unternehmen „und gibt trotzdem dafür Geld zur Unterhaltung, Bewirtschaftung et cetera weiter aus“.

Es drohen keine Parkgebühren

Einsparpotenzial sahen Freie Wähler und wie CDU überdies ad hoc bei einem Kommandowagen für die Feuerwehr. Die große Mehrheit des Gemeinderats vertrat die gleiche Auffassung, deshalb wurde der Ansatz von 70 000 Euro zum Kauf eines solchen Fahrzeugs im Haushalt gestrichen. Eine Wasserspiellandschaft für 88 000 Euro im Kinderhaus Lehenstraße wird wegen der Zustimmung zu einem Antrag der Freien Wähler vorerst ebenfalls nicht angelegt. Dafür sollen die Sitzbänke im Hof der Höpfigheimer Grundschule für 8000 Euro erneuert werden. Grüne und SPD hatten das nicht für zwingend notwendig erachtet, scheiterten aber mit ihrem Antrag, das Projekt zu verschieben. Mehr Erfolg hatten die Grünen mit ihren Vorschlägen, 20 000 Euro für den barrierefreien Ausbau von Gehwegen und weitere 20 000 Euro zur Verbesserung der Radinfrastruktur vorzumerken. Die Fraktion scheiterte jedoch mit ihrem Antrag, im Etat 10 000 Euro für eine Kosten-Nutzen-Analyse im Hinblick auf eine Parkraumbewirtschaftung in Steinheim zu reservieren. Heißt im Umkehrschluss auch: Das Parken im öffentlichen Raum bleibt in Steinheim kostenfrei.

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