Kritisch gesehen: Zwei alte Hasen erzählen von früher. Wie Günther Jauch und Thomas Gottschalk mit ihrer neuen RTL-Show baden gegangen sind.

Stuttgart - Waldorf & Statler sind zurück, die beiden Opis aus der Loge der Muppets-Show, das Magenbitter der Fernsehunterhaltung. Sie haben ausgesprochen gute Laune, denn dieser Montagabend bei RTL ist ihnen gewidmet, zwei im milden Golfstromklima des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gereiften Herren, die sich noch einmal im Glanz längst vergangener Zeiten sonnen.

 

Thomas Gottschalk und Günther Jauch machen das augenzwinkernd. Ein Einspieler in ihrer neuen Show „Die 2 - Gottschalk und Jauch gegen alle“ zeigt die beiden als 90-Jährige, mit grauen Haaren, dritten Zähnen, den Rücken gebeugt unter der Last ihrer Popularität. „Thommy“, krächzt der eine. „Günther“, echot der andere. Es ist der einzige wahrhaftige Moment dieses „Gipfels der Showgiganten“ (RTL), doch man kann nicht darüber schmunzeln, denn so, wie ihn Barbara Schöneberger anmoderiert hat, ist es eher eine Drohung als ein Versprechen. „So kann es ewig weitergehen.“

Ein altbewährtes Allerlei

Zwei alte Hasen erzählen von damals. Von einer Zeit, als die Zuschauer noch klatschten, sobald die rote Lampe aufleuchtete. Dazu blendet RTL Fotos aus dem Familienalbum ein. Gottschalk, wie er im Schottenrock „Wetten, dass . . ?“ rockte oder Jauch, wie er bei „Stern TV“ gegen eine Sumo-Ringerin antrat. Mein Gott, Günther.

Dazwischen gibt es Quiz-Fragen, Mutproben und Spiele mit Studio-Gästen und Anrufern, das bringt den Kreislauf in Schwung und die grauen Zellen auf Touren. So ungefähr könnte man das Konzept dieser Show beschreiben. Man sieht den beiden ungleichen Freunden zu, wie sie Oldtimer mit verbundenen Augen abtasten oder in Gedanken nachzählen, wieviele Getränke der aus Leipzig zugeschaltete Blödelbarde Otto Waalkes in der Cover-Version eines Billy-Joels-Songs versteckt hat. Es ist keine Sternstunde der Fernsehunterhaltung, eher eine Reha-Maßnahme für den Entertainer Gottschalk, live und in Überlänge, ein Allerlei von altbewährten Zutaten, das Günther Jauch mit seiner Produktionsfirma I & U TV für RTL zusammengerührt hat. Ein bisschen „Wetten, dass . . ?“, ein bisschen „Wer wird Millionär?“, ein bisschen „Schlag den Raab“.

Barbara Schöneberger als Lichtblick

Drei Stunden dauert das, und man erträgt das nur, weil es Barbara Schöneberger schafft, Waldorf & Statler gegeneinander auszuspielen. Sie habe den Job ja nur bekommen, weil Michelle Hunziker hochschwanger sei, witzelt die Entertainerin, und sie spricht so laut, als fürchte sie, die beiden Herren seien schon schwerhörig, der Schlaue und der Hübsche. Doch das ist reine Koketterie. Die „Fleischberger“, wie sie sich seit ihrem vollmampfenden Bekenntnis in einem Werbespot nennt („Fleischsalat ist mein Gemüse“), hat schon immer mehr zu bieten gehabt als die branchenüblichen Assistentinnen-Klischees: blond, blauäugig, busig.

Ironie, das ist ihre Waffe. Sie verhindert, dass aus dem als Spiel-Show getarnten Nachruf auf zwei Alpha-Gockel eine reine Geflügelzuchtausstellung wird. Listig und nonchalant, wie sie ist, zieht sie die beiden auf, ohne sie bloßzustellen. „Wieviel Pfand bekommt man für dieses Leergut zurück?“, fragt sie etwa im Finale, als jemand die leeren Flaschen und Dosen ins Studio schüttet, die Kinder im Stadion des Bundesliga-Spitzenreiters Borussia Dortmund gesammelt haben. Und man fragt sie, wen sie eigentlich meint: Gottschalk oder Jauch?

Die Facebook-Generation erwartet anderes

Das bloße Hoppla-hier-kommen-wir reicht nicht mehr. Wer immer die beiden im Vorfeld der Show als gereifte Version von Joko & Klaas bezeichnet hat, versteht nicht, wie Unterhaltung funktionieren muss, die die Facebook-Generation begeistert. Die ist genauso unberechenbar und anarchisch wie das Internet.

Reine „Gesichtsvermietung“ ist zu wenig. So hat Gottschalk sein Comeback bei RTL nach der Pleite als Juror beim „Supertalent“ aber tatsächlich begründet. Er habe noch Spielfreude. Er wisse, dass es irgendwo für ihn noch ein Plätzchen im Fernsehen gebe. Was einer eben so sagt, wenn er nicht wahrhaben will, dass die Show weitergeht, ohne ihn und sein Mietgesicht. „Die Mieten sind zwar günstiger geworden, aber Altbau ist nach wie vor gefragt.“ Beim gerne als Kukident-Sender verspotteten ZDF wäre er mit dieser Strategie vermutlich noch so lange durchgekommen, bis der letzte „Wetten, dass . . ?“-Zuschauer noch eigenhändig das Zweite einzuschalten vermocht hätte. Bei RTL reicht das nicht aus. Das hat der Sender wohl selber geahnt und die Show deshalb gleich auf den quotenärmeren Montag platziert. Fünf Millionen Zuschauer erreicht Günther Jauch sonst mit der Quizshow „Wer wird Millionär?“ auf diesem Sendeplatz.

Wenn „Die Zwei“ diese Marke nicht erreichen, wenn Kritiker jetzt schon mit Schaudern der zweiten Ausgabe dieser Show entgegensehen und sich fragen, wie lange sich Waldorf & Statler noch gegenseitig auf die Schultern klopfen können, bis der erste umkippt, muss das Gottschalk und Jauch nicht kratzen. Das Leben geht weiter, auch nach dem Fernsehen. Das hat Gottschalk schon vor der Show prophezeit, mit Seitenblick auf seinen arbeitswütigen Freund Günther: „Er hat den Sonntagabend, ich habe Malibu.“