Chinesische Firmen sind mit großem Abstand die aktivsten Fälscher von Maschinen. Über 80 Prozent der befragten Unternehmen klagen über die illegalen Aktivitäten in der Volksrepublik. Doch auf Platz zwei der Rangliste folgt bereits Deutschland.

Hannover - Dass chinesische Unternehmen die Rangliste der größten Produktpiraten anführen, dürfte niemanden wirklich überraschen, dass aber deutsche Firmen gleich dahinter – allerdings mit Abstand – auf Platz zwei stehen, verwundert schon eher. „Wir dachten bisher, dass deutsche Unternehmen technische Bedienungsanleitungen oder Fotos unerlaubt kopieren“, sagte Steffen Zimmermann, beim Maschinenbauverband VDMA zuständig für Produkt- und Know-how-Schutz. Doch weit gefehlt: Auch deutsche Unternehmen bedienen sich offensichtlich illegal bei innovativen Wettbewerbern. Das geht aus der VDMA-Studie „Produktpiraterie 2016“ hervor, die in Hannover vorgestellt wurde. Dabei gilt doch gerade die deutsche Vorzeigebranche als hochinnovativ. In welchen Bereichen die hiesigen Unternehmen ihren technologischen Nachholbedarf illegal decken wollen, geht aus der Untersuchung aber nicht hervor.

 

Der Schaden für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau durch Produktpiraterie habe im vergangenen Jahr bei insgesamt 7,3 Milliarden Euro gelegen, haben die Autoren der Studie errechnet. Dies entspreche knapp 34 000 Arbeitsplätzen. Nicht zu beziffern sei der damit verursachte Imageverlust; er sei aber enorm, so Zimmermann. Als Beispiel nannte er eine kopierte Getränkeabfüllanlage, die mit einer falschen, nämlich gesundheitsschädlichen Verrohrung ausgeliefert wurde. Teilweise kämen auf die Geschädigten dann auch noch Regressanforderungen zu.

Im Vergleich zur letzten Studie vor zwei Jahren ist der durch Piraterie verursachte Schaden zwar deutlich, nämlich um 600 Millionen Euro gesunken. „Verkleinert hat sich das Problem aber nicht“, sagte Zimmermann. Das liegt nicht zuletzt an China. 83 Prozent der Befragten klagten über die dortigen Fälscher; das waren noch einmal elf Prozent mehr als vor zwei Jahren. Selbst auf Messen in der Volksrepublik fänden Unternehmen nicht immer den nötigen Schutz, sagte der VDMA-Experte. Als Beispiel führte er einen Fall an, dass deutsche Aussteller in China von Bewaffneten aus der Messehalle verwiesen wurden – und Dritte diese Zeit genutzt hätten, um deren Maschinen und Komponenten zu zerlegen und zu fotografieren. Auch Software weckt offensichtlich zunehmend das Interesse der Fälscher; Zahlen dazu gibt es aber nicht.

Das Problem mit China hat sich verschärft

Dass sich das Problem mit China im Vergleich zur letzten Studie noch verschärft habe, habe auch mit der zunehmenden Globalisierung zu tun, vermutet der VDMA-Experte. Die Fälschungen würden nicht mehr nur innerhalb Chinas verkauft, sondern gelangten zunehmend auf ausländische Märkte. Verkäufe über die Plattform des chinesischen Internetkonzerns Alibaba scheinen dabei keine unbedeutende Rolle zu spielen. Dabei gehen die Fälscher durchaus dreist vor: Unternehmer berichteten von Händlern und Fälschern, die ihre Plagiate trotz rechtskräftiger Urteile mit nur geringfügigen Änderungen weiterverkauften, so Zimmermann.

Häufig werden dabei aber nicht die kompletten Maschinen nachgebaut, sondern nur Komponenten davon, aber dafür sind quasi alle Bereiche betroffen: Motoren, Kunststoff- und Gummimaschinen, Textilmaschinen, Thermotechnik, Landtechnik und Werkzeugmaschinen gehören zu den besonders gefährdeten Bereichen. Weitgehend verschont bleibe der Sondermaschinenbau, so Zimmermann. Auch sind größere Unternehmen weniger betroffen als kleinere. Das hat wohl auch damit zu tun, dass Konzerne sich deutlich intensiver mit Datenschutz und Sicherheit beschäftigen. Und die größte Gefahr droht nicht etwa von großen, unbekannten Hackern, sondern meist von dem Wettbewerber. Auch Mitarbeiter selbst sind eine Quelle von Informationen für Dritte. Schließlich nehmen sie beim Jobwechsel Informationen zu Konstruktionen und Design sowie Kundendaten im Kopf mit.

Technische Schutzmaßnahmen sind erforderlich

Um sich vor Fälschern zu schützen – vor allem auch im Zusammenhang mit Industrie 4.0 – , empfiehlt der VDMA sich intensiver um die Sicherheit zu kümmern. Zumindest sollten Schutzrechte angemeldet werden, nur dann könne man sie schließlich vor Gericht auch durchsetzen. Nötig seien zudem technische Maßnahmen zum Kopierschutz wie Hologramme oder Identifizierung per Funk (RFID). Aber noch immer lehnten knapp 40 Prozent der Befragten technische Schutzmaßnahmen ab – weil sie „zu teuer sind“, ist in der Studie nachzulesen. Als Grund vermutet VDMA-Experte Zimmermann, dass der verursachte Schaden geringer als die Investitionen in Schutzmaßnahmen ist.