Polen muss sich vor dem EuGH wegen seiner umstrittenen Justizrefom verantworten. Das kann für die regierende PIS-Partei dramatische Folgen haben, kommentiert Ulrich Krökel.

Warschau/Brüssel - Schon wieder ein EU-Verfahren gegen uns, na und? So oder ähnlich dürften am Montag nicht nur die Regierenden in Warschau, sondern auch viele Menschen im ganzen Land auf die Brüsseler Entscheidung reagiert haben, Polen wegen der umstrittenen Justizreform vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Dennoch beginnt mit dem Schritt vom Montag eine neue Phase in dem Konflikt. Bisher hat die EU vor allem auf Vertragsverletzungsverfahren gesetzt. In der Praxis aber reicht das Veto eines anderen EU-Staats, um Polen vor Sanktionen zu bewahren, und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat längst angekündigt, ein solches Veto einzulegen.

 

Die Klage der Kommission vor dem EuGH könnte dagegen andere Konsequenzen haben: Sollte das Gericht Polen verurteilen, dann hätte sich die Regierung in Warschau daran zu halten. Sie müsste die umstrittene Zwangspensionierung von Richtern zurücknehmen oder im Zweifel Strafzahlungen in Milliardenhöhe entrichten. Beides jedoch wäre für eine rechtsnationale Partei wie die regierende PiS ein Schlag ins Gesicht. Deshalb ist noch eine dritte Variante denkbar: Die polnische Regierung könnte das Urteil zurückweisen. Damit würde sie allerdings die EU-Regeln fundamental infrage stellen. Im Fall Polen kommt es jetzt zum Schwur.