Dort, im damaligen Freistaat Danzig, wo unter dem Schutz des Völkerbunds eine internationale Atmosphäre herrschte, wurde Sabine Hoffmann als zweite von vier Töchtern am 22. Oktober 1926 geboren. Ihr Vater Otto Hoffmann war Rechtsanwalt, die Mutter Charlotte Apothekerin, beide waren kunstinteressiert und pflegten viele Freundschaften.

 

Die Künstlerin erinnert sich gern an ihre Kindheit, erzählt, wie sie auf die Schultafel der älteren Schwester einen Kirschbaum mit weißen Blüten und zugleich roten Früchten zeichnete, wofür der Vater sie lobte und ihr anhand eines kleinen Ölbilds von Franz Marc mit drei bunten Pferden und eines Aquarells von Max Pechstein mit dem sogenannten Italien-Blick in Nidden die moderne Kunst erklärte. Die Mutter sang mit ausgebildeter Altstimme vor und weckte die Freude an der Musik – viel später sollte Sabine Hoffmann die Internationale Hugo-Wolf-Akademie mitbegründen.

Vor den Aktivitäten des Bunds Deutscher Mädel (BDM) versuchte sie sich möglichst zu drücken, sie hasste die Kolonnen uniformierter Mädchen und war heimlich stolz darauf, nie mitmarschiert zu sein. Die Eltern halfen in der NS-Zeit nach Kräften ihren jüdischen und polnischen Bekannten, doch nach der Eroberung Danzigs durch die Rote Armee wurde der Vater abgeholt und verschleppt.

Im Herbst 1945 siedelte die Familie in den Westen über, und Sabine Hoffmann durfte an den Kölner Werkschulen zwar nicht wie gewünscht Bildhauerei, zumindest aber Freie Grafik bei Professor Alfred Will studieren. Während eines zweijährigen Aufenthalts in Paris befasste sie sich mit den neuen Kunstströmungen, entdeckte Picasso, Moore und Tàpies – doch ihren Lebensunterhalt konnte sie mit der Kunst nicht verdienen. Dank ihrer guten Sprachkenntnisse fand sie eine Stelle bei der schwedischen Fluggesellschaft SAS, erst in Frankfurt, von 1956 an in Stuttgart. 1962 wechselte sie als Sekretärin zur Merz-Schule, später lehrte sie Freie Grafik an der Merz-Akademie.

Politische Botschaften

1985 ging sie in den Ruhestand und startete ihre eigentliche Karriere als freie Künstlerin, obwohl sie schon seit Ende der 60er Jahre regelmäßig Grafik ausgestellt hatte, Radierungen und Lithografien, gedruckt auf der eigenen Presse oder in der Werkstatt des Stuttgarter Künstlerhauses in der Reuchlinstraße.

Eine Kindheit in Danzig

Dort, im damaligen Freistaat Danzig, wo unter dem Schutz des Völkerbunds eine internationale Atmosphäre herrschte, wurde Sabine Hoffmann als zweite von vier Töchtern am 22. Oktober 1926 geboren. Ihr Vater Otto Hoffmann war Rechtsanwalt, die Mutter Charlotte Apothekerin, beide waren kunstinteressiert und pflegten viele Freundschaften.

Die Künstlerin erinnert sich gern an ihre Kindheit, erzählt, wie sie auf die Schultafel der älteren Schwester einen Kirschbaum mit weißen Blüten und zugleich roten Früchten zeichnete, wofür der Vater sie lobte und ihr anhand eines kleinen Ölbilds von Franz Marc mit drei bunten Pferden und eines Aquarells von Max Pechstein mit dem sogenannten Italien-Blick in Nidden die moderne Kunst erklärte. Die Mutter sang mit ausgebildeter Altstimme vor und weckte die Freude an der Musik – viel später sollte Sabine Hoffmann die Internationale Hugo-Wolf-Akademie mitbegründen.

Vor den Aktivitäten des Bunds Deutscher Mädel (BDM) versuchte sie sich möglichst zu drücken, sie hasste die Kolonnen uniformierter Mädchen und war heimlich stolz darauf, nie mitmarschiert zu sein. Die Eltern halfen in der NS-Zeit nach Kräften ihren jüdischen und polnischen Bekannten, doch nach der Eroberung Danzigs durch die Rote Armee wurde der Vater abgeholt und verschleppt.

Im Herbst 1945 siedelte die Familie in den Westen über, und Sabine Hoffmann durfte an den Kölner Werkschulen zwar nicht wie gewünscht Bildhauerei, zumindest aber Freie Grafik bei Professor Alfred Will studieren. Während eines zweijährigen Aufenthalts in Paris befasste sie sich mit den neuen Kunstströmungen, entdeckte Picasso, Moore und Tàpies – doch ihren Lebensunterhalt konnte sie mit der Kunst nicht verdienen. Dank ihrer guten Sprachkenntnisse fand sie eine Stelle bei der schwedischen Fluggesellschaft SAS, erst in Frankfurt, von 1956 an in Stuttgart. 1962 wechselte sie als Sekretärin zur Merz-Schule, später lehrte sie Freie Grafik an der Merz-Akademie.

Politische Botschaften

1985 ging sie in den Ruhestand und startete ihre eigentliche Karriere als freie Künstlerin, obwohl sie schon seit Ende der 60er Jahre regelmäßig Grafik ausgestellt hatte, Radierungen und Lithografien, gedruckt auf der eigenen Presse oder in der Werkstatt des Stuttgarter Künstlerhauses in der Reuchlinstraße.

Das aktuelle Zeitgeschehen und die „Condition humaine“, die Grundbedingung menschlicher Existenz, forderten gleichermaßen ihre künstlerische Kreativität wie (kunst-)politische Aktivität heraus. So schuf sie nach Claude Lanzmanns Film 1986 die „Shoa-Tafeln“ zur Erinnerung an die polnischen KZ-Häftlinge, die die Wälder selbst roden mussten, um ihre Baracken zu bauen. Während des zweiten Golfkriegs 1990/91 entstanden „Schutz-Räume“, zehn je zwei Meter hohe Objekte, fragile, anthropomorphe, begehbare Behausungen als symbolische Rückzugsorte, die zuerst unter dem Schloss Solitude, später an anderen Orten gezeigt wurden. Wer diese Installationen gesehen hat, erinnert sich noch Jahrzehnte später an unmittelbare, kraftvolle Raumeindrücke, schwer zu beschreiben, doch nachhaltig wirksam trotz der „armen“ Materialien.

Ins ehemalige Straßenbahndepot am Vogelsang stellte Sabine Hoffmann im Wende-Winter 21 Bettkästen aus Schaltafeln vom Bau mit Leinenauflagen: eine Installation – „Solitude . . . über das Schweigen in weiten Räumen“ –, die unwissentlich vorwegnahm, dass wenig später am selben Ort Zuwanderer in Schlafboxen untergebracht wurden.

Liegende, lebensgroße Körper sind ein häufig wiederkehrendes Thema und beeindruckend ausgeführt in dem Skulpturenprojekt „Euro-Terra“, das sie selbst so beschrieben hat: „Ein Mann und eine Frau sind liegend einander zugewandt, in kerbenartiger Vertiefung aus den Blöcken herausgearbeitet. Schnittstellen zeugen von der Gespaltenheit des Menschen, die durch die formale Geschlossenheit der Skulpturen aufgehoben, gleichsam geheilt ist. Je nach Umgebung werden sich in den Körpermulden im Lauf der Zeit Samen, Sand und Wasser sammeln, Vegetation entstehen. Der Mensch, sonst oft ein Schädling in der Natur, wird hier unlösbar mit ihr verbunden und gibt, eingebettet in den Stein als Bestandteil der Erde, Lebendiges an die Zukunft weiter.“ Die beiden drei Meter langen Blöcke aus Muschelkalk wurden von der Stadt erworben und auf dem Platz der Deutschen Einheit nahe der Liederhalle aufgestellt.

Zu erwähnen sind andere Werkgruppen für den öffentlichen Raum: Mauer- und Bodenbücher, frei schwebende Hemdobjekte mit Spuren individuellen Lebens und kollektiver Erfahrung: „Farben der Geschichte“ genannt, so lautet auch der Buchtitel ihrer mit Krisztina Jütten geführten Gespräche. 2002 wurden etwa 200 ihrer Werke der Kunstsammlung Würth übertragen, mit dem Erlös errichtete Sabine Hoffmann ihre Kunststiftung, um alle drei Jahre einen mit 3000 Euro dotierten Preis an eine Künstlerin zu verleihen, deren Werk von der Auseinandersetzung mit der „Condition humaine“ geprägt und noch nicht gebührend gewürdigt worden ist. Die bisherigen Preisträgerinnen waren Ursula Laquai-IHM, Christiane Wartenberg und Gabriele Nasfeter, im kommenden Jahr wird Angelika Flaig ausgezeichnet.

„Ein Müssen treibt mich“, sagt Sabine Hoffmann. Dass sie weiterhin arbeiten, ihrem Impuls folgen, ihre wachen Augen und schaffenden Hände nutzen kann, das wünschen wir ihr zu ihrem 90. Geburtstag!