Der Krieg in der Ukraine zeigt ein Ausmaß an Gewalt, wie man es in Europa nicht mehr für möglich hielt. Der Westen muss seinen Geschichtsoptimismus korrigieren. Und er lernt etwas über sich selbst.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Martin Gerstner (ges)

Im Krieg treffen Technik und Körper aufeinander. Der Körper wird dabei entmenschlicht, wird zu einer konturlosen Substanz. Wie sich das vollzieht, zeigen die Bilder und Videos, die uns von den Schlachtfeldern der Ukraine in den sozialen Medien erreichen. Sie sind schwer auszuhalten: Leichenhügel im Licht einer mitleidlosen Sonne, mumienhaft vaporisierte Körper von Panzerfahrern, deren Fahrzeug von einer Rakete getroffen wurde, abgerissene Gliedmaßen, verkrampft am Boden liegende Leichen in Orten wie Butcha, den Schauplätzen von Massakern russischer Soldaten. Den Historiker erinnern diese Bilder an die Territorien der Massenvernichtung im Zweiten Weltkrieg im Osten Europas. Sie konkurrieren mit der Zurschaustellung einer Technik, die Vernichtung zur Wissenschaft erkoren hat.