Am Donnerstag finden Sondierungsgespräche von SPD und Grünen mit der Linkspartei statt. An deren Erfolg gibt es erhebliche Zweifel.

Düsseldorf - Rüdiger Sagel versteht die ganze Aufregung nicht. "Wir haben uns einstimmig entschieden", erzählt der Linke, als man ihn fragt, ob es in der neuen Düsseldorfer Fraktion oder in der Partei Gerangel um den Einfluss der Berliner auf den Landesverband gegeben hat. "Nein, hat es nicht", wiederholt Sagel und bekräftigt noch einmal, dass sowohl das Engagement der Parteispitze als auch die Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen ohne Gegenstimmen abgesegnet worden sind. Ganz so einfach, wie Sagel es darstellt, ist es freilich nicht abgelaufen. Aus einem internen Mailverkehr, der von linken Insidern öffentlich gemacht wurde, geht eindeutig hervor, dass weder die Berliner "Fürsorge" noch die anvisierten Gespräche am Donnerstag bei den Linken unumstritten sind. Die Berliner Parteispitze hat den West-Beauftragen Ulrich Maurer für unbestimmte Zeit nach Düsseldorf abkommandiert, um den unerfahrenen Genossen bei den Verhandlungen zur Seite zu stehen.

"Es geht auch um Bundespolitik, er hat Kompetenz", lobt Sagel den Berliner Import, doch nicht alle bei den Linken sehen das so. "Aber erst mal reisen die Linken Strippenzieher aus dem Büro des Herrn Maurer zusammen mit ihrem Chef nach Düsseldorf, um die Genossen auf Linie zu bringen", schimpft jemand aus der engeren Führung der Linken in einer internen Mail und äußert die Sorge, "dass man nur als Sättigungsbeilage auf einem rot-grünen Teller verfüttert werden soll". Das Parteimitglied hegt sogar den Verdacht, dass die Berliner Parteifreunde die Düsseldorfer "volles Rohr gegen die Wand fahren lassen", weil dann endgültig bewiesen sei, "dass ein linker Landesverband kaltgestellt wäre".

Das Programm der Linken ist lückenhaft


Offiziell äußert sich niemand zu den Inhalten des Mailverkehrs, der noch an anderen Stellen erstaunliche Einblicke in die innere Struktur der Linken in NRW gibt. Sowohl Rüdiger Sagel als auch der linke Spitzenkandidat Wolfgang Zimmermann raten den neuen Fraktionsmitgliedern, wie sie sich vor unliebsamen Journalistenfragen schützen können. "Das stehe jetzt nicht zur Debatte", geben sie als eine der möglichen Antworten vor und bitten im Übrigen - mit "solidarischen Grüßen" - allenfalls die Einzelheiten des Dringlichkeitsprogramms zu nennen, "ansonsten kommen wir in eine schwierige Situation".

Schwierig dürfte es ohnehin werden, wenn sich SPD und Grüne am Donnerstag mit der Linken treffen. "Es geht auch um das Demokratieverständnis, die Demokratiefestigkeit der Linken", gibt Hannelore Kraft als ihr zentrales Thema vor, das sie zu diskutieren beabsichtigt, bevor man überhaupt zur Landespolitik kommen kann. Nicht wenige bei der SPD sagen voraus, dass die Gespräche danach rasch beendet sein werden, weil etwa Forderungen nach einer Auflösung des Verfassungsschutzes für SPD wie Grüne völlig indiskutabel sind.

Während bei SPD und Grünen in diesem Punkt große Übereinstimmung besteht, scheinen die Linken noch nicht genau zu wissen, welche ihrer vielen Forderungen Priorität besitzen. Der einzige Parlamentsprofi in ihren Reihen, Rüdiger Sagel, hat eine lange Liste für die Sondierungsgespräche zusammengestellt, die weit über die bisher genannten Eckpunkte hinausgeht. Von der Abschaffung der Studiengebühren bis zur landesweiten Einführung eines Sozialtickets finden sich viele Forderungen mit finanziellen Auswirkungen, die die SPD auf rund 50 Milliarden Euro addiert. Als die Sozialdemokraten nach einer Gegenfinanzierung in dem Papier suchten, wurden sie enttäuscht. An einigen Stellen hieß es "Umschichtungen", meistens hatte der Autor aber nur ein Fragezeichen gesetzt.