Zugegeben, ein bisschen dämlich sind die Texte schon: Veronika, der Lenz ist da, die Mädchen singen Tralala. Trotzdem kennt bis heute so ziemlich jeder die Comedian Harmonists, weil ihre Lieder auch witzig und eingängig sind, frech und unkonventionell. Die Musik der Zwanziger Jahre war Ausdruck eines neuen Lebensgefühls: Ob „In the Mood“ oder „Ich küsse ihre Hand, Madame“, sie vermitteln Unbeschwertheit und Lebenslust, sind oft schonungslos frech und mitunter sehr frivol. Dieser Musik hört man eine unbändige Sehnsucht nach Liebe und Leidenschaft an, nach Vergnügen und Freiheit. Als hätten die Menschen eben erst das persönliche Glück entdeckt, als wollten sie Drill und Disziplin durch Tanz und Musik ersetzen. Die Rhythmen sind beschwingt und entspannt: Boogie Woogie, Shimmy und Black Bottom hießen die Tänze, und natürlich Charleston. Josephine Baker zappelte im Bananen-Rock. Ob schwarz oder weiß, homo oder hetero, nackt oder im Hosenanzug – in der Musik des Jazz-Age schienen alle gemeinsam ihre neuen Freiheiten zu genießen. Benny Goodman und Marlene Dietrich, Louis Armstrong und Glenn Miller, überall eröffnen Jazzclubs und Tanzbars – und Schallplatten haben Hochkonjunktur.

 

Den Schlagern und Hits der Roaring Twenties hört man noch die Freude an sich selbst an – und wohl deshalb gibt es bis heute noch ziemlich viele Partys, auf denen zu später Stunden plötzlich die alten Heuler wieder aufgelegt werden und begeistert Boogie und Charleston getanzt wird. Sie vermitteln eine Frische und Lebendigkeit, wie es danach kaum mehr eine Musik vermochte. Text: Adrienne Braun