Schere, Stift, Papier: Mit diesen Hilfsmitteln erklären die Studenten von Explainity komplexe Themen wie das US-Wahlsystem, Altersarmut oder die Globalisierung. Ihre Youtube-Videos sind mehrfach preisgekrönt.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Ein weißes Blatt Papier, eine Schere, einen schwarzen Stift, eine gute Idee und drei- bis fünf Minuten Aufmerksamkeit: Mehr brauchen die Macher von Explainity nicht, um ihren Zuschauern die Welt zu erklären. Die Idee, mit kurzen Youtube-Videos komplexe Zusammenhänge einfach und verständlich zu veranschaulichen, hatten die Macher von Explainity Ende 2010, Mitte 2011 sind dann die ersten Videos entstanden – von denen einige inzwischen preisgekrönt sind.

 

Die Bandbreite an Themen in den Explainity-Videos ist groß: 

Wie funktioniert das amerikanische Wahlsystem?

Wie arbeiten Ratingagenturen?

Welches Thema konkret umgesetzt wird, entscheiden die knapp 3000 Facebook-Freunde von Explainity. In der jüngsten Umfrage findet sich ein Video über Lobbyismus ganz oben auf dem Wunschzettel. Zur Auswahl stehen außerdem Konjunkturzyklen, Schneeballsystem und Frauenquote.

Die Videos haben eine eigene, sehr schlichte Anmutung. Als Hilfsmittel dienen Zeichnungen und in einigen Fällen Playmobilfiguren, die zueinander in Beziehung gesetzt und hin- und hergeschoben werden. Experten sprechen von der „Lege-Trick-Technik“. Ein Kommentator erklärt dazu die Zusammenhänge. „Die Kunst dabei ist nicht die technische Umsetzung, sondern die Komplexitätsreduzierung“, sagt Andreas Ebert, der Geschäftsführer von Explainity. „Dinge müssen weggelassen werden, aber es darf nicht zu stark vereinfacht werden. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen“. ergänzt er.

Vom Uni-Projekt zum Startup-Unternehmen

Das Explainity-Team besteht aus fünf bis sechs Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter der Leuphana Uni Lüneburg. Sie erarbeiten sich alle Themen zunächst selbst. „Der Blick des Laien ist wichtig“, sagt Ebert. Erst danach ziehen sie Experten zu Rate. Dann wird ein Drehbuch geschrieben, gezeichnet, gedreht und das Video ins Netz gestellt. Mindestens 60 Stunden braucht es, bis ein Clip fertig ist. Ist ein Thema besonders kompliziert, wie beispielsweise das Video zur US-Präsidentschaftswahl, kann es auch 120 Stunden dauern.

Etwa alle zwei Wochen kommt Nachschub für die diversen Explainity-Kanäle. Das Team ist mit einem eigenen Kanal auf Youtube vertreten, twittert und postet die Werke bei Facebook. Etwa vierzig Videos haben die Studenten seit Mitte 2011 erstellt. Am meisten geklickt wurde das Erklärstück zur Eurokrise mit mehr als 150.000 Aufrufen seit Juli 2011. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Wirtschaftsfilmpreis und dem Webvideopreis wurde das Video über Ratingagenturen.

Entstanden ist die Idee an der Leuphana Universität Lüneburg im Rahmen des sogenannten „Moving Image Lab“, einem Uni-Projekt, das sich mit neuen Bewegtbildformaten im Internet beschäftigt und von der EU sowie dem Land Niedersachsen gefördert wird. Inzwischen funktioniert Explainity über ein Zwei-Säulen-Modell. Die eine Säule beheimatet das Uni-Projekt und die kostenfreien Videos auf Youtube, die andere das Explainity-Startup, das seit April 2012 auch Auftragsarbeiten anbietet.

In Zukunft sollen die Videos von Explainity auch die Texte auf Stuttgarter-Zeitung.de ergänzen.