Die Bundesbürger besorgen sich Musik, Filme und Bücher zunehmend aus dem Netz. Die Branche fordert deshalb verbindliche Abschreckungssignale.  

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die Bundesbürger besorgen sich Musik, Filme und Bücher zunehmend aus dem Internet. Fast 20 Millionen Deutsche nutzten voriges Jahr diesen Weg für ihren Medienkonsum. Das zeigt eine neue GfK-Studie. Rund 3,7 Millionen Personen luden demnach illegal geschützte Inhalte herunter. Die Lizenzinhaber beklagen große Schäden durch diese unerlaubte Nutzung und fordern vom Gesetzgeber elektronische Warnhinweise für Raubkopierer.

 

Die Liste des Raubguts ist lang. 185 Millionen Musikstücke, 46 Millionen Alben, 54 Millionen Spiel- und Kinofilme, 23 Millionen TV-Serien, 14 Millionen elektronische Bücher und sechs Millionen Hörbücher wurden voriges Jahr illegal übers Internet verteilt. So genau will das die GfK ermittelt haben, deren neue Studie der Bundesverband Musikindustrie (BVMI), der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) in Berlin vorgestellt haben.

Gesetze gegen Raubkopierer

Die Medienbranche fordert seit Jahren strenge Gesetze gegen Raubkopierer. "Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf", kritisiert GVU-Geschäftsführer Matthias Leonardy. Die teils ungeklärte Rechtslage, zum Beispiel bei Streaming-Angeboten, schaffe geradezu Anreize zur illegalen Nutzung und sei für die Branche "schwer erträglich".

Die Unternehmen haben nachforschen lassen, wie und wo illegale Inhalte bevorzugt genutzt und bezogen werden. Demnach werden für den Filmkonsum am häufigsten Streaming-Portale wie das - inzwischen von Fahndern geschlossene - Kino.to und seine Nachfolger genutzt. Hier gibt es noch rechtliche Grauzonen. Weitere Quelle für die illegale Beschaffung von Medieninhalten seien sogenannte Sharehoster wie Rapidshare, wo die Nutzer gegen Bezahlung ihre Dateien tauschen.

46 Millionen Alben illegal heruntergeladen

Besonders die Musikbranche sieht sich stark von Raubkopien betroffen. Demnach wurden 2010 rund 46 Millionen Alben illegal heruntergeladen, ein gutes Drittel mehr als 2009. Bei illegalen Downloads einzelner Musiktitel habe es dagegen einen Rückgang um 28 Prozent auf 185 Millionen gegeben. 2005 wurden sogar noch 412 Millionen Songs unerlaubt online verteilt. Die Kampagnen der Medienbranche gegen Raubkopierer haben also durchaus Erfolg.

Die Musikindustrie hat in den vergangenen Jahren bereits Hunderttausende Abmahnungen wegen illegaler Nutzung verschickt. Auch die Gesetze wurden verschärft. "Das generelle Unrechtsbewusstsein ist da", sagt Musikverbandschef Florian Drücke. Was fehle, seien aber wirkungsvolle Mechanismen, um illegale Nutzer zu erwischen.

Versenden von Warnhinweisen

Das Versenden von Warnhinweisen halten die Verbände für ein effektives Mittel, das Raubkopieren einzudämmen. Dazu müssten Internetanbieter aber verpflichtet werden. Jeder, der unerlaubte Plattformen nutzen will, würde dann einen elektronischen Hinweis erhalten, dass er sich womöglich strafbar macht. Ähnliche Modelle versuchen bereits andere Ländern. Laut GfK-Studie meinen 81 Prozent der Nutzer von Tauschplattformen, dass solche Warnungen abschreckend wirken würden.

Die Lizenzinhaber und Verlage verlangen auch eine Verschärfung des Urheberrechts. Bei einigen liegen die Nerven bloß. "Die Situation ist so unerträglich geworden, dass wir fordern, dass rechtsstaatliche Verhältnisse im Internet tatsächlich hergestellt werden", kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse endlich ihr Versprechen einlösen, das sie vor zwei Jahren auf der Frankfurter Buchmesse gegeben habe. Die Anbieter von Medieninhalten sind von Raubkopien sehr unterschiedlich betroffen. Die meiste Internetpiraterie gibt es demnach bei Spielfilmen mit 83,2 Prozent aller Downloads. Danach folgen Musikalben (74,3 Prozent), E-Books (60,9 Prozent), Fernsehserien (60,5 Prozent), einzelne Musiktitel (44,7 Prozent) und Hörbücher sowie Hörspiele (26,1 Prozent).