Das neue Dinnerspektakel im Palazzo-Spiegelzelt auf dem Cannstatter Wasengelände spielt in der Welt der Glücksjäger – das Konzept geht auf.
Stuttgart - Wenn das mal gut geht: Am 11. 11. hatte die elfte Ausgabe des Zeltspektakels Palazzo ihre Premiere in Stuttgart. Eine Schnapsidee ist die neue Show mitnichten. „Glücksjäger“ spielt in einem Hotel kurz vor dem Ruin, in dem sich lauter abgehalfterte Typen am Spieltisch treffen. Das plüschige Interieur passt perfekt ins Spiegelzelt, das selbst aus der Welt gefallen zu sein scheint. Erst recht an seinem Standort am Rand des öden Cannstatter Wasens (für den freilich eine Parkgebühr von fünf Euro zu berappen ist).
Zu Beginn stellt der Hoteldirektor – der Schauspieler Sven Riemann ist ein Glücksfall für diese Sprechrolle– seine Gäste und das Personal einzeln vor, während die anderen wie ein lebendes Tableau verharren. Dabei kommt auf charmante Art die Internationalität der Artisten ins Spiel: der chinesische Geschäftsmann, der Cowboy, der französische Profizocker.
Slapstick gehört zu jeder Dinnershow
Zum dritten Mal führt Maximilian Rambaek in Stuttgart Regie. Bei „Glücksjäger“ gelingen ihm ebenso skurrile wie poetische Szenen, die einzelnen Nummern entwickeln sich aus der Rahmenhandlung heraus. Das war nicht immer so.
Die akrobatischen Acts sind von hoher Klasse – kraftvoll, schnell, am besten immer dann, wenn sie von der Band Sidewalkers live begleitet werden. Ein Höhepunkt: Cong Tian am Schlappseil – und auch der finnische Magier Jay Niemi mit seinen Tauben, dem Kakadu und dem Papagei.
Slapstick gehört zu jeder Dinnershow, in dieser treibt das irisch-amerikanische Duo Naked Lunch den Gästen Tränen in die Augen mit einem Striptease, bei dem Bratpfannen eine entscheidende Rolle spielen.
Vier Gänge nicht auf dem Niveau von drei Sternen
Apropos Lunch: Das Dinner „trägt die Handschrift von Dreisternekoch Harald Wohlfahrt“. Nicht mehr, aber auch nicht weniger versprechen die Veranstalter der Hamburger Palazzo Produktionen GmbH, die dieses Jahr zeitgleich an sechs Standorten ihre Zelttheater betreibt. In Stuttgart ist der Patron der Schwarzwaldstube in Baiersbronn seit den Anfängen dabei. Er garantiert die tadellose Qualität der Produkte, die hohe technische Perfektion und die schön anzuschauenden Teller.
Aber die Sensationen bleiben aus. Die vier Gänge sind nicht auf dem Niveau von drei Sternen, das können sie bei bis zu 360 Gästen und einer 80 Quadratmeter großen Küche auch nicht sein. Bei der Trilogie vom Lachs auf Limonen-Crème-fraîche und Guacamole dominiert das Gurkenrelish. Das Gratin von Meeresfischen und Meeresfrüchten auf Lauch und Estragon-Mousseline ist ein zart überkrusteter samtiger Genuss. Deutlich deftiger kommt das rosa gegarte Kalbsfilet im Tramezzinimantel mit Bohnen, Kartoffelgratin und Olivenjus daher. Beim Dessert überzeugt der schmelzende Schokoladenfondant, die glacierten Bananenscheiben sind recht banal.
Am Ende der Premiere kommt Wohlfahrt auf die Bühne und sagt: „Ich hoffe, Ihnen hat dieser außergewöhnliche Erlebnisabend gefallen.“ Hat er, die vier Stunden waren fast durchgehend ein Straight Flush.