Roland Harsch bringt sich ein, initiiert Projekte und animiert andere, es ihm gleichzutun. Dabei ist er stets ein Mann der leisen Worte geblieben.

Ditzingen - Roland Harsch macht nicht mehr Politik im Gemeinderat, er hält keine Haushaltsreden mehr für seine Fraktion, die SPD. Aber der Mann der eher leisen Töne ist deshalb heute nicht weniger politisch als in jenen zehn Jahren, die er dem Gemeinderat angehörte oder in jener Zeit als Vorsitzender der örtlichen SPD.

 

Man muss nicht den griechischen Philosophen Aristoteles bemühen, der den Menschen als zoon politicon beschrieben hat, der von Natur aus auf die staatsbürgerliche Gemeinschaft angewiesen ist. Aber ganz gleich, was Harsch in den vergangenen Jahren in Ditzingen initiiert hat, ob das Projekt Carsharing, ob die Wunschbaumaktion: immer steht der Mensch, sein Mitmensch, im Mittelpunkt. Er habe Freude daran, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für andere einzusetzen, sagt der 61-jährige Verwaltungswirt. Doch es ist auch, als wolle er beweisen, dass in der Gesellschaft nicht nur Platz für Egoismus ist.

Als im Jahr 2003 der zweite Irakkrieg begann, rief Harsch zur Mahnwache auf. Man traf sich montags beim Rathaus auf dem Laien. Mal waren es fünf, mal mehr als 30. Ein Jahr zuvor hatte er die „Ditzinger Initiative gegen das Vergessen“ organisiert, um ehemalige Ditzinger Zwangsarbeiter finanziell zu entschädigen – nachdem der Gemeinderat dieses abgelehnt hatte. „Spontan, wie so vieles bei mir“, sei die Idee entstanden, im Ort für sie zu sammeln.

Die Idee zu der Wunschbaumaktion im Dezember hingegen hat er lange in sich getragen: Der Baum in der Landeshauptstadt hatte ihn dazu gebracht. Doch die Zeit war zunächst noch nicht reif dafür. „Alles zu seiner Zeit“, sagt Harsch. Auch das prägt ihn. Nicht jede Idee muss in dem Augenblick umgesetzt werden, in der sie geboren wird. Der Boden dafür muss bereitet sein, damit sie von anderen mitgetragen wird.

Klar ist ihm aber auch, dass vieles „ohne den Gemeinderat so nicht möglich gewesen wäre“. Die Tätigkeit gewährte ihm Einblicke, die ihn antrieben, öffnete aber auch Türen in die Verwaltung, deren Unterstützung er benötigte. Bei der Wunschbaumaktion wurden im Dezember fast 70 Wünsche erfüllt von Ditzinger Kindern, deren Eltern auf staatliche Hilfen angewiesen sind. „In der Stadt gibt es zwar keinen Obdachlosen. Aber warum soll die Situation in Ditzingen anders sein als in anderen Städten?“, fragt Harsch. Dass Kinder unter der wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern leiden, sei nicht öffentlich – „das passiert alles im privaten Bereich“. Die Kinder füllten ihre Wunschzettel aus und ließen sie dem Sozialamt zukommen, dort wurden sie anonymisiert, „Datenschutz ist Datenschutz“, und an den Wunschbaum gehängt. Der stand dieses Mal nicht im Rathaus, sondern in einer Bank. Binnen weniger Stunden hatten die Ditzinger alle Wünsche vom Baum geholt, um sie ebenso anonym zu erfüllen, also als Päckchen im Sozialamt abzugeben. Anders als im Jahr zuvor hat es keinen Großspender gegeben. Die Ditzinger waren also allein verantwortlich. Harsch hatte zwar schon damit gerechnet, dass die Ditzinger sich beteiligen würden. Aber dass der Baum binnen Stunden leer war und zudem gar 900 Euro gespendet wurden? Dass er sich auf die Mitbürger würde verlassen können, ja. Aber dass sie diese Idee so eindrücklich mittragen würden – das machte ihm dann doch eine riesige Freude.

Roland Harsch freut sich im Stillen darüber, wenn im Ort mitgetragen wird, was er anstößt. Die Ditzinger wiederum würdigen sein Engagement mit tatkräftiger Unterstützung und lobenden Worten. Die Bürgermedaille aber haben sie ihm bisher noch nicht verliehen. Gleichwohl, Roland Harsch braucht sie gewiss nicht, um sich weiter zu motivieren. „Ich möchte mich engagieren für andere, denen es nicht so gut geht“, sagt er schlicht. Das hat er immer so gehalten, ob als langjähriges Mitglied des Fördervereins der Förderschule, als Gründungsstifter der Bürgerstiftung oder als Initiator des Solarvereins, dessen Vorsitz er inne hat. Auch in diesem Fall war es so: er wollte er etwas tun, diesmal nicht für andere Menschen, sondern für die Umwelt. Eine Solaranlage auf dem Mietshaus war nicht möglich. So stellte sich nicht nur die Frage nach einem anderen Gebäude, sondern auch die, andere Formen regenerativer Energien zu nutzen. Im Grunde sei es damals um Volksbildung gegangen, sagt Harsch: Er war mit seinen Fragen ja nicht alleine. Seit Dezember 2002 betreibt der Verein die erste Fotovoltaikanlage auf dem Rathaus; zwei Jahre später kam eine zweite hinzu. Inzwischen ist das Thema auch durch die bundespolitische Diskussion in der Öffentlichkeit zwar verbreitet.

Aber noch ist die Stadt weit davon entfernt, ihren Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Energien zu speisen – wieder eine der Ideen des Roland Harsch. Noch werden Mitstreiter gesucht, die die Idee mittragen. „Wir sind dafür im Gespräch mit der Bürgerstiftung“, sagt er. Die Zeit ist nicht reif dafür. Noch nicht.