Clemens Prokop, dem Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), missfällt, dass im Zuge der anvisierten Spitzensportreform künftig vor allem Medaillen zählen sollen. Und er fordert mehr Geld von der Politik für den Sport und den Antidopingkampf.

Stuttgart - Die deutschen Athleten haben bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 42 Podestplätze erreicht – zu wenige aus Sicht der Verantwortlichen. Sie wollen den Spitzensport reformieren. Über ihre Vorschläge wird an diesem Mittwoch auch bei der Bundestrainer-Tagung in Stuttgart diskutiert. Kritik kommt von Clemens Prokop. Dem Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) missfällt, dass künftig vor allem Medaillen zählen. „Es muss allen Beteiligten klar sein, dass es schwierig ist, nur dank eines überlegenen Trainingssystems mit Nationen mitzuhalten, die sich durch unzureichende Kontrollsysteme einen Vorteil sichern“, sagt Prokop.

 
Herr Prokop, die deutschen Leichtathleten haben bei den Olympischen Spielen in Rio zwar zweimal Gold gewonnen, aber auch viele Enttäuschungen erlebt. Welche Konsequenzen hätte es für Werfer, Springer und Läufer, wenn die Spitzensportreform schon jetzt umgesetzt wäre?
Vermutlich keine.
Keine?
Ich gehe davon aus, dass sich für die Leichtathletik nichts verändern würde, denn Ereignisse und Ergebnisse aus der Vergangenheit spielen bei der Frage, in welchem Umfang eine Sportart künftig gefördert wird, keine entscheidende Rolle mehr.
Sondern?
Es geht darum, die Perspektive einer Sportart einzuschätzen – und diese hat sich in der deutschen Leichtathletik durch Rio ja nicht verändert: Wir sind dank der vielen Talente, die wir haben, für die Zukunft sehr gut und breit aufgestellt.
Folglich finden Sie die Reformvorschläge gut?
Zumindest sind viele interessante, wichtige und zukunftsfähige Aspekte dabei.
Aber?
Es gibt auch berechtigte Kritikpunkte.
Zum Beispiel?
Die sehr starke Fixierung auf Medaillen. Es geht in dem vorgelegten Konzept vor allem darum, wer in vier bis acht Jahren auf dem Podium stehen kann – nur der absolute Erfolg zählt.
Was ist daran falsch?
Dass nicht berücksichtigt wird, wie stark die internationale Konkurrenz in einer Sportart ist – es wäre doch nicht richtig, vor allem Disziplinen zu fördern, die weltweit nur wenig verbreitet sind. Dass es auch pädagogische Gründe gibt, eine Sportart zu fördern. Und dass das Thema Doping ausgeklammert wird.
Was Sie besonders stören dürfte.
Zumindest müssen sich deutsche Leichtathleten mit Konkurrenten aus Ländern wie Kenia, Jamaika oder Äthiopien messen, in denen eine funktionierende Antidopingbekämpfung angezweifelt wird. Erfolg bemisst sich nicht nur an Medaillen.