Shammi Singh, der grüne Ex-Stadtrat, hat eine Dokumentation gedreht über Frauen in Indien. Zur Premiere des Films in Stuttgart kam sogar ein Hollywoodstar.

Ditzingen - Das eine hatte mit dem anderen gar nichts zu tun – und doch fügte sich letztlich alles. Am Ende hatte Shammi Singh einen Dokumentarfilm produziert, der im Juli Premiere beim indischen Filmfestival in Stuttgart feierte.

 

Shammi Singh, das ist der 31-Jährige aus Ditzingen, der Ex-Grünen-Stadtrat, der nach dem Studium für den Job in einer Agentur nach Hamburg ging. Singh ist aber auch der Sohn eines Inders, der irgendwann das Bedürfnis spürte, das Land seines Vaters kennen lernen zu wollen. „Aber ich wollte nicht nur herumreisen, ich wollte ein Projekt machen.“

Der Film sollte eine Frage beantworten

Singh hatte eine Affinität zu Foto und Film, was ihn nun reizte war die Technik dahinter. Was also lag näher, beides zu kombinieren? Dass sich all dies zu einer Zeit herausbildete, die von der Meetoo-Debatte geprägt war, sei Zufall gewesen, sagt Singh rückblickend. „Ist es sicher, nach Indien zu reisen?“ – diese Frage sei ihm von Freunden oft gestellt worden, als er von seinem Plan erzählte. Dass sich sein Umfeld gleichwohl weniger sorgte, weil er ein Mann ist, machte ihm bewusst, dass auch er eine männliche Sicht auf das Land hatte. Nun wollte er wissen, wie es ist, als Frau dort zu leben. Die Antwort darauf sollte der Film geben.

Singh interviewte Inderinnen in verschiedenen Berufen, sozialen Schichten, Regionen. Sie berichten vom Wandel im Land, aber auch vom täglichen Kampf um Veränderung. Entstanden ist ein Film, in dem vor allem Frauen zu Wort kommen. In „Womens’s Voice – India’s Choice“ sprechen etwa die Lehrerin, die Journalistin, aber auch Shabnam und Neetu, beides Opfer von Säureattacken. Sie arbeiten heute mit weiteren entstellten Opfern in „Sherooeshangout“, einem Café in Agra. Die Gespräche vor allem mit ihnen sind Shammi Singh eindrücklich in Erinnerung, „weil sie sich lange verkrochen hatten, das Café und die Arbeit darin ihnen aber viel Mut und Selbstbewusstsein gegeben haben“.

Als er im Januar vergangenen Jahres zu seiner mehrmonatigen Reise aufbrach, hatte Shammi Singh kein Interview in Aussicht, nichts war zustande gekommen. Am Ende hatte er rund 20 geführt. „Alle waren unglaublich offen“, sagt Singh, noch immer angetan. Gleichwohl hatten eben diese Frauen eine Botschaft zu transportieren, nämlich „dass sie ihr Leben leben können“. Die Interviews führte er auf englisch, wenn nötig, hatte er einen Übersetzer an seiner Seite. Hindi zu lernen sei eines der nächsten Projekte, sagt Singh.

Treffen mit einem Hollywoodstar

Singh filmte, aber er produzierte auch den Film selbst. Er schnitt und komponierte die Musik. Ein Jahr lang war er mit dem Projekt befasst. Weltpremiere hatte die Dokumentation beim indischen Filmfestival in Stuttgart. Die Gespräche mit den Produzenten – unter ihnen Oscargewinner Marc Baschet – seien gut gewesen.

„Ich wollte das weibliche Indien kennen lernen“, sagt Singh. Nun kennt er beide Perspektiven – und hat einen neuen Blick auf Deutschland: „Wir leben in einem zivilisierten Land und bekommen es nicht hin, die Menschen gleich zu behandeln“. Man sollte keine Unterschiede machen, „wir sind alle Menschen.“ Was zähle, sei die Empathie – dafür sei das Geschlecht unerheblich. Im Oktober geht Singh mit dem Film auf Deutschlandtour.

Der Film „Women’s Voice – India’s Choice“ läuft am Dienstag, 20. August, um 20 Uhr im Zeltcafé in der Glemsaue.