Doppelmord in Allmersbach im Tal Im Freundeskreis galt er als „Spinner“
Im Gerichtssaal beschreiben Bekannte und Freunde den mutmaßlichen Doppelmörder von Allmersbach – allerdings mit Lücken.
Im Gerichtssaal beschreiben Bekannte und Freunde den mutmaßlichen Doppelmörder von Allmersbach – allerdings mit Lücken.
Allmersbach im Tal/Stuttgart - Er ist anders als 99 Prozent der Menschen, aber das meine ich positiv“. Als einen sympathischen, „herzensguten Kerl“, der aber etwas „verrückt“ sei: So beschrieben Freunde den mutmaßlichen Doppelmörder von Allmersbach. Fünf von ihnen sagten am Dienstag vor dem Stuttgarter Landgericht als Zeugen aus, da der Angeklagte ihnen nach der Tat in Whatsapp-Nachrichten von seinem „Amoklauf“ berichtet hatte.
Der 36-Jährige hat bereits gestanden, in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 in Allmersbach im Tal seine 41-jährige Ex-Freundin und deren neunjährige Tochter mit einem Schlag auf dem Kopf und einem Schnitt durch die Kehle getötet zu haben. Danach sei er zu seiner Noch-Ehefrau nach Gaildorf gefahren, um auch sie zu ermorden. Doch es gelang ihm nicht, in ihr Haus einzudringen, um sie zu „erlösen“, wie er in den Whatsapp-Nachrichten schrieb.
Seine engen Freunde bezeichneten den Angeklagten zwar als weltoffenen, hilfsbereiten und kontaktfreudigen Menschen, aber auch als Exzentriker. Mehrere ehemalige Partnerinnen und Angehörige der Opfer hatten im Laufe des Prozesses bereits von der exzentrischen Seite gesprochen. Zeugen berichteten von den „Ticks“ des 36-Jährigen. Beispielsweise hebe er Schokoriegel, die auf der Straßen lägen, auf und esse sie. Im Freundeskreis galt er als der „Verrückte“, wenn auch auf harmlose Art, sagte ein 50-jähriger Freund. Er sei aber auch reizbar gewesen. „Er hat sich über Kleinigkeiten todesaufgeregt.“
Die Zeugen gingen auf Nachfrage des Richters auch auf das eigenwillige Hobby des Angeklagten ein, Schädel von Tieren zu sammeln. Nicht beantworten konnten sie die Fragen, warum der Täter seinen Autos die Namen „Adolf“ und „Eva“ gab. Auch zu seinem Autokennzeichen SH88 fiel ihnen nichts ein. Das Kürzel SH könnte zwar für die Initialen des Angeklagten stehen, gilt aber, wie der Anwalt der Angehörigen sagte, in einschlägigen Kreisen als Chiffre für „Sieg Heil“. Die Zahl 88 ist in der Szene ein Code für „Heil Hitler“, da das H die achte Zahl des Alphabets ist. Die Freunde wollten den Angeklagten nicht in der Nähe rechten Gedankenguts sehen, sie erklärten sich das Nummernschild mit dessen Vorliebe für Schnapszahlen.
Das der Angeklagte sich in schwierigen Verhältnissen befand, wussten die Freunde. So habe es immer wieder Stress mit seinen Eltern gegeben, erzählte der 50-Jährige. Auch habe der mutmaßliche Täter unter der Trennung von seiner Noch-Ehefrau und den beiden gemeinsamen Kindern gelitten, auch wenn er keinen engen Draht zu ihnen gehabt habe, wie ein 32-jähriger Fußballkumpel sagte.
Auch von dem angespannten Verhältnis zu seinem Chef wussten die Freunde. Er habe immer wieder über ihn geschimpft, auch davon gesprochen, „seinen Meister zu würgen“. Ernstzunehmende Drohungen habe es aber nicht gegeben. Wegen der Spannungen am Arbeitsplatz hatte sich der Angeklagte einmal in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen. „Ich spinne“, habe er damals gesagt, so der 50-Jährige. Was genau los war, wussten die Zeugen nicht. Über Gefühle hätten sie kaum gesprochen. „Wir sind Jungs“, sagte der 32-Jährige dazu.
Einen Mord hätten die Zeugen ihrem Freund aber niemals zugetraut. So konnten sie seine Nachricht, die sie zum Teil erst am nächsten Morgen lasen, auch erst nicht zuordnen. Der 50-Jährige beschrieb sie als „wirres Zeug“. Der 32-Jährige dachte, der Angeklagte meine mit den beiden Opfern zwei der Schafe, die er züchtete.