Im Pokalfinale tritt Robert Lewandowski ein letztes Mal für Borussia Dortmund an. Seinem künftigen Arbeitgeber FC Bayern will der gebürtige Pole das Double verderben.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Berlin - Einen Killer in Kickstiefeln, den Torjäger mit dem Instinkt für 103 Pflichtspieltore in vier Jahren beim BVB, den Besitzer der Torjägerkanone 2014, den stellt man sich abseits des Rasens irgendwie ganz anders vor. Wenn Robert Lewandowski vor dem DFB-Pokalfinale am Samstag (20 Uhr/ARD) im sonnigen Berlin gegen den FC Bayern vor die Mikrofone tritt, dann trägt er dabei wie so oft diesen ermüdenden Schlafzimmerblick. Die Stimme des 25-Jährigen, der bezeichnenderweise mit der Karatemeisterin Anna Stachurska verheiratet ist, sie ist dann gerne sehr dünn und sehr leise. Und dem Körper von „Lewi“, wie sein Trainer und Förderer Jürgen Klopp sagt, dem fehlt vor und nach der Arbeit oft jegliche Spannung.

 

Das wird heute vor 74 907 Fans im Berliner Rund und weltweit 189 per TV zugeschalteten Ländern ganz anders sein. Dann geht es nämlich zur Sache. Die „Königspaarung im deutschen Fußball“, so der Bayern-Kapitän Philipp Lahm, so viel steht schon vorab fest, sie ist diesmal ganz eng mit der Personalie Robert Lewandowski verbunden. Der ist als Fußballer ein ziemlich geniales Gesamtkonstrukt: Kaum ein Stürmer läuft so viel und so geschmeidig wie der Pole, kaum ein anderer ist so defensivstark, kombinationssicher, fast immer anspielbar und dabei schnörkellos im Torabschluss. Sei es mit dem Kopf oder per Fuß.

2010 kam Lewandowski für 4,8 Millionen Euro aus Posen

Drei Tore hat der 1,84 Meter große Profi den Bayern vor zwei Jahren eingeschenkt, als der BVB den Rivalen im Cupendspiel beim 5:2 vorführte. Wie viele werden es nun sein, ehe Lewandowski die Clubfarben wechselt? „Mich interessiert mein neuer Arbeitgeber in diesem Moment überhaupt nicht“, sagt der 25-Jährige, der im Juli 2010 für 4,8 Millionen Euro von Lech Posen nach Westfalen kam – und in der nächsten Runde für die Elf des Rekordmeisters und Pokalsiegers aus München spielt.

„Wir werden ein Feuerwerk abbrennen. Ich möchte einen tollen Abschied für die Fans, den Verein und die Mannschaft – also will ich diesen Titel unbedingt“, sagt Lewandwoski, den seine zwei umtriebigen Berater im Vorjahr noch zu ganz anderen Tönen verführt hatten. Er werde mit „ganz viel schlechter Laune“ aus dem Urlaub zurückkommen, hatte der Stürmer wissen lassen. Denn seine Bosse, der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und der Sportdirektor Michael Zorc, hatten einen ungewöhnlichen Schachzug gewählt: Anstatt für Lewandowski mindestens 25 Millionen Euro an Ablöse einzustreichen, erteilte man dem treffsichersten Dortmunder Profi ein kategorisches Wechselverbot.

Handgeld in zweistelliger Millionenhöhe

Am Ende haben sich – zumindest finanziell – alle Parteien an dieser Variante bereichert: Dortmund schaffte es auch dank der Treffer aus dem Hause Lewandowski in das Viertelfinale der Champions League, wo der Vizemeister auch in der kommenden Runde mit Millioneneinnahmen rechnen darf; die Bayern erhalten nach Ende der Vertragszeit beim BVB nun ablösefrei einen Stürmer, dessen Marktwert inzwischen bei etwa 45 Millionen Euro liegt. Und Lewandwoski steckte sich als ablösefreier Weltklassemann allein für seine Unterschrift ein Handgeld in wohl zweistelliger Millionenhöhe ein.

„Robert hat sich in allen vier Jahren nie etwas zuschulden kommen lassen“, stimmt der Boss Watzke kurz vor dem sportlichen Lebewohl versöhnliche Töne an: „Ich habe ihm schon vor Wochen prognostiziert, dass er einen schönen Abschied haben wird.“ Tatsächlich war auch der Trainer Klopp emotional gefasst nach dem letzten Bundesliga-Heimspiel des BVB gegen Hoffenheim, als die 20 000 Mann starke gelbe Wand in der Dortmunder Arena dem Torjäger auf Abwegen für seinen Einsatz bis zuletzt feierten.

Tränen der Rührung nach dem letzten Heimspiel

Lewandowski trieb es gar vor Rührung die Tränen in die Augen. „Das ist ein schöner Tag für den Profifußball. Ich bin stolz auf die Fans, dass es das noch gibt“, analysierte Klopp hinterher in dem Bewusstsein, dass Lewandowski („Trainingsfleiß, Ehrgeiz und Eigenmotivation sind bei ihm außergewöhnlich“) bei einer Rückkehr nach Dortmund das Schicksal eines Mario Götze wohl erspart bleiben wird. Der Mittelfeldspieler war im Vorjahr für 34 Millionen Euro zu den Bayern gewechselt – und hat in Dortmund, wo er aufwuchs, seither einen ganz schweren Stand.

„Ich bin hier zweimal Meister geworden und will auch zweimal Pokalsieger werden“, sagt Lewandowski, der 2010 hinter Lucas Barrios begann. Nun wird für ihn bei den Bayern wohl Mario Mandzukic weichen (siehe „Lektionen in Lockerheit“). Im Schnitt hat der Pole alle 106 Minuten für den BVB getroffen. Unvergessen sind seine vier Tore vor etwas mehr als einem Jahr im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. Für heute wünscht Watzke seinem Topstürmer einen Abschied mit Knalleffekt: „Als Pokalsieger hätte er in München doch ein schönes Entree.“