19 Zeugen an 6 Tagen innerhalb von 2 Wochen: Der Vernehmungs-Marathon im Drohnen-Untersuchungsausschuss hat begonnen. Der erste Zeuge verteidigt die damalige Entscheidung zur Beschaffung des „Euro Hawks“, der nach Investition einer halben Milliarde Euro im Mai scheiterte.    

Berlin - Der frühere Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass bereits bei der Konzeption des gescheiterten Drohnen-Projekts „Euro Hawk“ die entscheidenden Fehler gemacht wurden. Von einem „Geburtsfehler“ würde er nicht sprechen, sagte der SPD-Politiker am Montag vor dem Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Gleichzeitig warf er Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) indirekt vor, sich nicht ausreichend über das Projekt informiert zu haben. „Es gibt bei Informationen eine Bringschuld und eine Holschuld“, sagte er. Bei einem Projekt von strategischer Bedeutung gehöre zur politischen Führung auch das intensive Nachfragen.

 

De Maizière hatte den zuständigen Mitarbeitern in seinem Ministerium vorgeworfen, ihn nur unzureichend über die Probleme bei dem Drohnen-Projekt informiert zu haben. Er hatte sich deswegen sogar personelle Konsequenzen vorbehalten.

Der Vertrag über die Entwicklung des „Euro Hawks“ durch die US-Firma Northrop Grumman und den europäischen Konzern EADS wurde 2007 unter CDU-Verteidigungsminister Franz Josef Jung unterzeichnet. Im Mai 2013 stoppte de Maizière das Projekt wegen massiver Probleme bei der Zulassung der Aufklärungsdrohne für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion. Die Ursachen für das Scheitern machte er auch in der Konzeptionsphase aus.

Generalinspekteur: Risiken sind absehbar gewesen

 Zuvor hatte der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan eingeräumt, dass Risiken bei der Beschaffung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" von Anfang an absehbar waren.

Allerdings seien die Probleme in der Konzeptionsphase von allen Beteiligten als lösbar eingeschätzt worden, sagte der 66-Jährige am Montag als erster Zeuge vor dem Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestags. "Es war niemand zu diesem Zeitpunkt da, der uns in irgendeiner Form gesagt hätte: nein." Von "Geburtsfehlern" könne deshalb nicht die Rede sein.

Schneiderhan zeigte Unverständnis über den Abbruch des Projekts. "Ich habe keine Alternativen bisher gesehen, diese Fähigkeitslücke zu decken", sagte er. Es sei die richtige Technologie. "Deswegen wäre ich bis zur Stunde nicht auf den Gedanken gekommen: Dann lassen wir es bleiben."

Schneiderhan war von 2002 bis 2009 Generalinspekteur und damit ranghöchster Soldat der Bundeswehr und wichtigster militärischer Berater des Verteidigungsministers. Vor dem Ausschuss sagte er, dass sich in der Konzeptionsphase jeder bewusst gewesen sei, dass der "Technologiesprung" einer Drohnen-Anschaffung ein Risiko bedeute. Das sei aber kein Hinderungsgrund gewesen, die Beschaffung voranzutreiben. "Wir waren der Meinung, dass wir uns diesem Trend nicht einfach entziehen können", sagte Schneiderhan. "Da waren wir uns alle einig, dass die Bundeswehr diese Fähigkeit braucht."

Schneiderhan äußerte sich auch zur Informationspraxis innerhalb des Ministeriums und belastete damit Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Der CDU-Politiker hatte beklagt, dass er von den zuständigen Stellen in seinem Ministerium nur unzureichend schriftlich über die "Euro Hawk"-Probleme informiert worden sei. Schneiderhan sagte, wenn er immer auf schriftliche Vorlagen gewartet hätte, wäre er vielleicht noch kürzer im Amt gewesen. Ein Generalinspekteur würde "hohe Gefahr" laufen, wenn er aus jedem Sachverhalt eine schriftlichen Vorlage machen würde. Auf Nachfrage sagte er dazu, es bestehe das Risiko, dass solche Vorlagen eher bei der Presse als beim Minister landeten.

Der Ausschuss will bis Ende August seinen Abschlussbericht vorlegen. Anfang September will sich der Bundestag kurz vor der Wahl in einer Sondersitzung damit befassen. "So darf ein Minister mit der Wahrheit nicht umgehen."