Im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach elektrischen Fahrrädern um 33 Prozent gestiegen. Auch die Autoindustrie entdeckt den Trend.  

Stuttgart - Ist dies nun ein E-Bike, oder ist es keins? Häufig ist es gar nicht so einfach, die Frage zu beantworten. Durchaus geschickt verstecken Hersteller den elektrischen Antrieb in einer etwas voluminöseren Hinterradnabe; der Akku ist teilweise im Rahmen verborgen. Nicht zuletzt das Design hat dazu beigetragen, dass Fahrräder mit eingebautem Rückenwind ihr Reha-Image längst abgelegt haben. Und auch die zunehmende Auswahl hat das Geschäft vorangebracht. Geschätzt 80 Prozent der im Fahrradverband organisierten Hersteller bieten mittlerweile ein E-Bike, auch Pedelec genannt, an. Derby Cycle (Focus, Kalkhoff, Rixe), nach eigenen Angaben deutscher Marktführer, führt unter dem Namen Kalkhoff 27 elektrische Modelle.

 

Und auch die Autoindustrie entdeckt den Markt für sich. Neben Daimler ist beispielsweise Bosch in dieses Geschäft eingestiegen - und bietet Elektromotor, Steuerungselektronik, Sensoren und Lithium-Ionen-Akku. Auch BMW will mit von der Partie sein. Dabei denken die Münchner weniger über ein Elektrorad als vielmehr über einen Roller mit Elektroantrieb nach. "Automobilhersteller steigen mit E-Bikes nicht nur in einen Wachstumsmarkt ein, sondern bauen auch frühzeitig Kompetenz für Elektromobilität und moderne Innenstadtfahrzeuge auf", sagt Konrad Weßner, Geschäftsführer der Puls Marktforschung in Schwaig bei Nürnberg.

Auch junge Leute entscheiden sich für die gemütlichere Form

Mittlerweile gibt zu fast jedem Radtyp auch eine elektrische Variante. Selbst der Mountainbikefahrer muss auf eine Tretunterstützung nicht mehr verzichten. Kein Wunder, dass sich auch immer mehr jüngere Leute für die gemütlichere Form des Radfahrens entscheiden. Das beflügelt das Geschäft. E-Bikes werden etwa seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts angeboten. 70.000 Räder wurden 2007 abgesetzt; im vergangenen Jahr waren es bereits 200.000 (plus 33 Prozent). Von solchen Zuwächsen kann die klassische Fahrradbranche nur träumen. Deutschlandweit wurden 2010 insgesamt 3,9 Millionen Räder abgesetzt, was einem bescheidenen Plus um 0,4 Prozent entspricht.

Die Zahlen zeigen aber auch: mit einem Anteil am gesamten Markt von gerade mal fünf Prozent ist die Bedeutung der Elektroräder eher bescheiden. Doch die Branche ist zuversichtlich: Eine Umfrage der Puls-Marktforschung unter 1000 Autofahrern hat ergeben, dass sich 26 Prozent von ihnen den Kauf eines E-Bikes vorstellen können (siehe Grafik). Und so erwarten Experten, dass sich mittelfristig der Anteil der E-Bikes am Gesamtfahrradmarkt auf 10 bis 15 Prozent erhöhen wird, sagt etwa Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes. Dann dürften zwischen 400.000 und 600.000 E-Bikes auf deutschen Straßen unterwegs sein.

Dass die Fahrradbranche dies begrüßen dürfte, hat gleich mehrere Gründen. Zum einen hat es mit dem Preis zu tun. Während der durchschnittliche Verkaufspreis für ein Fahrrad nach Verbandsangaben bei 460 Euro pro Stück liegt, muss der Kunde für die elektrische Variante beachtliche 2404 Euro hinblättern. Es hat aber auch damit zu tun, dass E-Bikes vor allem die Werke der hiesigen Hersteller auslasten. Der Verband schätzt, dass 80 Prozent der hierzulande verkauften Pedelecs auch hier hergestellt oder montiert werden. Beim klassischen Rad kann die Branche von solchen Werten nur träumen. 58 Prozent der verkauften Räder werden importiert - meist aus Taiwan, Thailand und Polen.