Die Gedenkstätte für das KZ-Außenlager Echterdingen ist am Stuttgarter Flughafen mit einer Feier eröffnet worden.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)
Echterdingen - Fast fünf Jahre sind seit der Entdeckung des Massengrabes am US-Airfield vergangen - doch in dieser Zeit hat sich in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen mehr getan in Sachen NS-Aufarbeitung als in den sechs Jahrzehnten zuvor. Ein wissenschaftliches Buch beleuchtet jetzt das KZ-Außenlager am Stuttgarter Flughafen, in dem von November 1944 bis Januar 1945 insgesamt 600 jüdische Männer um ihr Leben kämpften. Eine Stiftung schaut nach vorne und finanziert Projekte, die dem friedlichen Miteinander dienen. Und Montagabend ist nun als dritter Baustein der Erinnerungsarbeit eine kleine Gedenkstätte direkt am ehemaligen KZ-Hangar eröffnet worden.

120.000 Euro haben die beiden Städte Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen für die Gedenkstätte ausgegeben. Das ist eine eher bescheidene Summe, und doch ist viel damit erreicht worden. Die Künstlerin Dagmar Pachtner, die die Gedenkstätte entworfen hat, ließ zwei sich kreuzende, weiße Betonwände errichten, an denen der Besucher entlanggehen kann. So wird er zu den zwei authentischen Orten am Flughafen hingeführt. Ein Weg weist auf den Hangar hin, in dem die 600 jüdischen Häftlinge im Winter 1944/45 untergebracht waren. Der andere Weg endet vor dem Massengrab, in dem 34 der mindestens 119 verstorbenen Häftlinge verscharrt worden waren. Beide Orte können nicht betreten werden - Dagmar Pachtner bezieht sie dennoch visuell als tragende Elemente in die Gedenkstätte mit ein.

Opfer bekommen wieder eine Identität


Vor allem aber gibt sie den Häftlingen ihre Identität zurück: Wer zum Gräberfeld geht, hört die Namen der Männer - 200 Bürger aus Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen haben sie für diese Toninstallation ausgesprochen. So ist im Nachhinein ein wenn auch zerbrechliches Band entstanden zwischen den Bürgern und den jüdischen Männern, die für kurze Zeit unfreiwillig auch Einwohner dieser Städte waren. Dieser Idee von Dagmar Pachtner wohnt unglaublich viel Symbolkraft inne. Entscheidend wird sein, dass die Gedenkstätte in diesem Sinne jetzt auch von den Bürgern und vor allem von den Schulklassen angenommen wird.

Die Einweihung der Gedenkstätte hat sich am Montagabend in zwei Teilen vollzogen. Zunächst war um 18 Uhr die Toninstallation in Betrieb genommen worden; der Stuttgarter Rabbiner Netanel Wurmser gedachte der Echterdinger Opfer der NS-Gewaltherrschaft. Anschließend luden die Städte Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen zu einem Empfang in die Echterdinger Zehntscheuer ein. Dort sollte auch der Überlebende Benjamin Gelhorn, der aus München an den Flughafen gekommen war, ein Grußwort sprechen. Besonders bewegend war die Lesung von Ellen Perry: Sie war als achtjähriges Mädchen mit ihren Eltern in Berlin untergetaucht gewesen, um den Nazihäschern zu entgehen.

Ihr Vater Moritz Weiss ließ sich aber von einer Deutschen, die ihm etwas Butter versprochen hatte, in eine Falle locken - er wurde im Juli 1944 nach Auschwitz deportiert und starb am 28. Dezember 1944 im KZ-Außenlager Echterdingen. Bis heute ist das Trauma der Verfolgung und der Tod ihres Vaters eine Wunde im Leben von Ellen Perry, die später einen Briten heiratete. Denn das vergessen viele schnell: Für die meisten ist der Holocaust Geschichte - für die Überlebenden und auch für viele Angehörige aber ist er Teil ihrer Gegenwart. Der Schmerz hört nie ganz auf.