In Stuttgart sah „Tatort“-Star Fabian Hinrichs „Seen voller Kotze“. Moderator Ben Streubel, der an der Königstraße wohnt, sagt, alles sei „noch viel schlimmer“. Der Eckensee sei „ein Trauerspiel“. Am Dienstag hat die Reinigung begonnen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Jeden Tag läuft SWR 3-Moderator Ben Streubel, der seit 17 Jahren mitten in der Stuttgarter City lebt, mit seiner Hündin Minze um den Eckensee. Die altenglische Bulldogge darf aber schon lange nicht mehr ins Nasse, bei dem es sich nur noch in Ansätzen um Wasser handle. „Ich weiß nicht, ob Minze das überleben würde“, sagt der 50-Jährige.

 

Grüner Schlamm und Algen bedecken den Eckensee, der zur Müllkippe geworden ist. Streubel kann nicht verstehen, dass in einer Stadt, die mit einem grünen Ministerpräsidenten und einem grünen Oberbürgermeister regiert wird, seit Monaten nichts gegen eine „Dreckbrühe“ an zentraler Stelle unternommen werde, die „ein Anschlag auf die Gesundheit des Bürgers“ sei. Ein Freund des Radiomanns habe das Wasser untersucht und Legionellen nachgewiesen. Für spielende Kinder und Hunde sei dies also „brandgefährlich“.

Die Wasserfontäne wird bald wieder angestellt

Als hätte man Ben Streubel erhört: Just am Dienstag ist der erste Traktor zur Reinigung durch den abgelassenen und übel stinkenden Eckensee gefahren. Zuständig dafür ist die Parkpflege der Wilhelma. Aufgrund der Kurzarbeit in der Coronakrise habe man erst jetzt im Sommer mit der Säuberung beginnen können, betont Leiter Clemens Hartman auf Anfrage unserer Zeitung, nicht schon im Frühjahr, wie sonst üblich. An einem Tag sollen der Schmutz, der Müll, die vielen leeren Flaschen und die Algen entfernt sowie die oft verstopften Wasserabläufe freigelegt werden. Dann werde es drei bis vier Tage dauern, bis der See mit frischem Wasser aufgefüllt sei. „Wir werden die Fontäne wieder anstellen“, kündigt Hartmann an. Ein großes Problem sei die fortwährende Verschmutzung durch die Bevölkerung. „Das beginnt schon beim Sommerfest, wo die Leute ohne Ende Sektkorken reinwerfen“, klagt er.

Aus seiner Sicht ist der Eckensee in diesem Jahr nicht dreckiger als sonst. „Wir haben ähnliche Bilder auch schon früher gesehen“, versichert der Wilhelma-Mann. Im nächsten Jahr werde es besser werden, hofft er: „Dann können wir die Reinigung schon im März oder April starten.“

„Früher war hier Flaniermeile, heute sind wir im Bahnhofsviertel“

Ben Streubel wundert sich nicht, was der Schauspieler Fabian Hinrichs bei seinem Stuttgart-Besuch öffentlich verkündet hat. In der Sendung „SWR 1 Leute“ zog der Franken-Kommissar im „Tatort“ ordentlich vom Leder. An Stuttgart ließ er kein gutes Haar. Streubel gibt ihm Recht, was die Innenstadt betrifft. „Als ich vor 17 Jahren auf die Königstraße gezogen bin, war hier eine Flaniermeile“, sagt er, „heute sind wir Bahnhofsviertel.“ Als Stuttgart-Fan sei er nicht bereit, dies hinzunehmen. „Wer die Stadt wirklich mag, muss dankbar sein über die Kritik eines auswärtigen Schauspielers“, findet der 50-Jährige, , „weil sie vielleicht mithilft, dass den Verantwortlichen endlich die Augen aufgehen.“ Was der Schauspieler Hinrichs für einen „See aus Kotze“ hält, sind aber vor allem Algen und verstopfte Abläufe.

„Es muss was geschehen, damit die City nicht vor die Hunde geht“

Der Eckensee ist zur Problemzone von Stuttgart geworden: Wo jetzt der Dreck Passanten erschreckt, nahm die Krawallnacht vor drei Wochen ihren Anfang. Königstraßenbewohner Ben Streubel fordert, dass man mehr tun müssen, als den See reinigen. Eine seiner Ideen lautet: Im Schlossgarten müsste es mehr Außengastronomie geben und heller werden. „Lange genug hat die Politik weggesehen“, klagt der SWR 3-Nachtmoderator, „jetzt muss etwas geschehen, damit die City nicht endgültig vor die Hunde geht.“

Scharfe Kritik übt auch Blogger Patrick Mikolaj vom Unnützen Stuttgartwissen an der Situation. „Da heißt es in der Politik immer, wie wichtig der Eckensee für das Klima der Stadt ist“, sagt er, „und in Wahrheit besteht die Fläche die meiste Zeit aus Unrat.“ Die Zufuhr an frischem Wasser sei viel zu gering. Es reiche nicht aus, wenn man einmal im Jahr „Kehrwoche“ in dieser schwimmenden Müllkippe mache, kritisiert Mikolaj.