„Hey Alter“ – das sind sechs Stuttgarter Freunde, die in ihrer Freizeit alte Laptops herrichten und anschließend an Leute verteilen, die sich keinen leisten können. Ein Blick in ihre fröhliche Werkstatt in der City.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Es gibt 1000 Wege, seine Freizeit zu verbringen. Der Weg, den sechs Freunde aus Stuttgart gewählt haben, macht Menschen glücklich. Zumindest macht er sie zu stolzen Besitzern eines Laptops, den sie sich sonst nicht leisten könnten.

 

Die sechs jungen Freunde – Kristina Stumpf, Maike Becker, Hannah Herzig, Philip Lindheimer, Roland Gerlach und Juri Grabowski – bilden den Stuttgarter Ableger von „Hey Alter“, einer in Braunschweig gegründeten Initiative, die es sich zur nachhaltigen und sozialen Aufgabe gemacht hat, alte und ausrangierte Laptops herzurichten, upzudaten und weiterzugeben. „Hey Alter“ bedeutet: Aus alt mach neu oder fast neu.

Die sechs widmen sich dieser Aufgabe mit Begeisterung. Das ist zu spüren, wenn man die kleine Werkstatt betritt, die sie im ersten Stock eines unscheinbaren Gebäudes in der Stuttgarter City eingerichtet haben. Die Atmosphäre ist offen, freundlich. Roland Gerlach, ein studierter Systemelektroniker, hat gerade einen Laptop vor sich liegen, den er auf den neuesten Stand bringt. Er prüft, ob alles funktioniert, löscht die Speicher und spielt anschließend allgemein zugängliche Open-Source-Software auf. Damit lässt sich arbeiten. „Das ist nicht kompliziert“, sagt er lachend und zeigt auf das Innenleben eines anderen, geöffneten Rechners, den ein Schild als „Problemfall“ ausweist: „Kompliziert ist das hier!“, sagt er. Aber doch zu bewältigen, wenn man weiß, wie man Laptops wieder zum Laufen bringt.

Eine Werkstatt, in der Freude herrscht

Hier muss mehr Zeit investiert werden. Foto: Sellner

Auch die anderen Freunde, alles Wirtschaftswissenschaftler, die sich im Studium kennengelernt haben und jetzt berufstätig sind, sind voll dabei. Sie organisieren, beschaffen, knüpfen Kontakte – etwa zur Caritas und zu der Initiative Wolja, einer Anlaufstelle für Geflüchtete aus der Ukraine.

An diesem Tag im Februar ist große Laptop-Übergabe. Vor dem Eingang warten Dutzende Menschen, darunter etliche Kinder. Alles Ukrainer. Unter der Vermittlung von Vitaliia Kochurova von Wolja, die fließend Deutsch spricht und den Bedarf unter ihren Landsleuten erhoben hat, werden nacheinander 30 Laptops ausgegeben. Kristina Stumpf und ihre Freunde weisen die neuen Eigentümer geduldig in die Geräte ein. Im vergangenen Jahr hat „Hey Alter“ in Stuttgart schon einmal 35 Laptops an ukrainische Geflüchtete verteilt.

Die Nachfrage ist groß. Nicht nur unter Geflüchteten. Das zeigt eindrucksvoll die Zahl von 1169 Laptops, die das Tüftler-Team seit der Gründung von „Hey Alter“ in Stuttgart vor knapp vier Jahren fit gemacht und weitergegeben hat. Und das möglichst unbürokratisch und easy. Viele der Laptops gingen an Schüler, die während der Coronapause auf ein Gerät angewiesen waren.

Die Motivation: „Nicht nur reden, sondern auch etwas tun“

Was motiviert die sechs Freunde, sich immer dienstags nach dem Feierabend zu treffen und sich über alte Laptops zu beugen? Kristina Stumpf muss nicht lange nachdenken: „Wir wollen etwas für die Gemeinschaft tun und nicht nur darüber reden“, sagt die 30-Jährige. Roland Gerlach meint: „Das gibt uns definitiv ein gutes Gefühl.“ Ihre freiwillige Arbeit ist auch schon gewürdigt worden. Vor zwei Jahren gewann „Hey Alter“ den Publikumspreis des von der Bürgerstiftung ausgeschriebenen Bürgerpreises. Die Trophäe steht prominent im Regal.

Das „Hey-Alter“-Team hofft auf weitere Unterstützung

Über die öffentliche Anerkennung freuen sich die sechs sehr. Dadurch sind auch Firmen auf sie aufmerksam geworden. Neulich haben sie von der BW-Bank 150 ausrangierte Laptops erhalten. „Eine sehr großzügige Spende“, sagt Maike Becker. Weitere Laptops sind jederzeit willkommen, denn derzeit gebe es viele offene Anfragen nach Geräten, betont Kristina Stumpf: „Die Tendenz ist steigend.“ Unterstützung können die jungen Tüftler auch in Form von Geldspenden gut gebrauchen, denn trotz allen ehrenamtlichen Engagements fallen Kosten für die Raummiete und die Ersatzteile an. Doch auch bei dem Thema strahlen die sechs Freunde Zuversicht aus. Sie glauben einfach dran, dass etwas geht.

Weitere Informationen unter :

https://heyalter.com/stuttgart/