Brigitte Hahn hat auf Vorschlag des Ministerpräsidenten die Verdienstmedaille des Bundes verliehen bekommen. Die 77-Jährige kümmert sich seit mehr als einem Jahrzehnt um die Flüchtlinge in der Unterkunft in der Burgstallstraße.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Mit dem Eintritt in die Rente wollte die 77-Jährige auch das Landleben hinter sich lassen. Brigitte Hahn und ihr Mann verkauften deshalb vor knapp 15 Jahren kurzerhand ihr Haus in Waiblingen und zogen in den Stuttgarter Süden. Damit tauschte das Ehepaar auch einen Garten gegen einen Balkon ein. Brigitte Hahn hatte für diesen noch zwei Liegestühle eingepackt. Doch viel darauf gesessen sind sie und ihr Mann nicht.

 

Hahn erhält die Verdienstmedaille der Bundesrepublik

Dafür fehlt der 77-jährigen ehemaligen Sprachheillehrerin schlicht die Zeit. Hahn engagiert sich in der Flüchtlingsunterkunft in der Burgstallstraße, im Lapidarium in der Mörikestraße und in den Patch Barracks in Vaihingen. Besonders für ihr Engagement für Asylbewerber ist Hahn nun mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Der Caritasverband Stuttgart, zuständig für die Unterkunft in der Burgstallstraße, hatte die Wahl-Stuttgarterin bei Ministerpräsident Kretschmann für die Auszeichnung vorgeschlagen.

Seit dem Jahr 2000 engagiert sich Hahn in dem Asylbewerberheim. „Das ist mein Soll für Gott“, sagt sie, während sie unzählige Fotos herausholt, auf denen ihre Arbeit dokumentiert ist. Zu jedem Kind auf den Bildern kann sie eine Geschichte erzählen. Sie alle hat sie ins Herz geschlossen, obwohl sie die Kinder meistens nur eine Zeit lang begleitet hat.

Von der Schule in die Flüchtlingsunterkunft

Anfangs hat sich Hahn zunächst um ein Frauencafé in der Burgstallstraße gekümmert und dieses mitaufgebaut. Zweimal die Woche kam sie in die Unterkunft und machte mit den Frauen verschiedene Aktivitäten. „Dann sah ich aber immer, wie die Kinder traurig draußen gewartet haben“, erzählt Hahn. Fortab habe sie ihre Zeit aufgeteilt, damit sie sich auch um die Kinder kümmern konnte. Hahn beschäftigt sich dort vor allem auch mit den Problemfällen. Damit kannte sich die ehemalige Lehrerin aus, damit hatte sie Erfahrung. Denn auch in der Sprachheilschule in Waiblingen, in welcher sie 20 Jahre tätig war, hatte sie oft mit schwierigen Kindern zu tun. „Zu uns kamen nur die schwierigen Fälle“, berichtet sie. Vieles aus ihrem Unterricht konnte sie deshalb ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft anwenden.

Bis heute ist Hahn mehrmals die Woche in dem Heim vor Ort. Das Frauencafé gibt es längst nicht mehr, doch die Arbeit ist der freiwilligen Helferin dort nicht ausgegangen. Es gibt immer etwas zu tun. Hahn macht Hausaufgabenbetreuung und bietet Freizeitaktivitäten wie Basteln, Malen und Zeichnen an oder unternimmt Ausflüge mit den Frauen und Kindern. Gut erinnert sie sich noch an einen Besuch in der Staatsgalerie und wie dort eine Christin aus dem Libanon einer Muslimin aus Afghanistan ein Kreuzbild erklärte. „Wir waren uns immer alle einig, dass wir alle an einen Gott glauben. Und egal wie der hieß, für uns war er ein- und derselbe“, erzählt Hahn.

Ihr Glaube und die Kirche ist der 77-Jährigen wichtig. Nebenbei engagiert sie sich mit ihrem Mann Wolfgang noch in den Patch Barracks beim Gottesdienst. Überhaupt unterstützt sie ihr Mann in allem, was sie tut. „Er ist in allem, was ich mache, mein Partner“, betont Hahn. Auch in der Unterkunft hilft er mit, wo es nötig ist.

Gemeinsam haben die beiden auch noch eine große Leidenschaft, das Lapidarium im Stuttgarter Süden. Auch dort engagiert sich das Ehepaar seit Jahren ehrenamtlich. Einmal die Woche beaufsichtigen sie den altrömischen Steingarten, Hahn kennt jede Ecke dort auswendig. „Das Lapidarium ist mein Geschenk Gottes, mein Hobby“, sagt sie. Wer viel gibt, bekommt schließlich auch etwas zurück. Die zwei Liegestühle hat Hahn längst weggepackt. Benutzt habe man sie ohnehin nie. An ruhigere Zeiten für sich und ihren Mann glaubt Hahn nicht mehr. „Wir haben einen Pflichtbeitrag für die Gesellschaft zu leisten“, betont sie. Und das tue sie lieber, als in der Gegend herumzureisen.