Menschenwürde ist ein großes Wort. Im Grundgesetz steht sie ganz vorne. Dabei wissen wir oft nicht so genau, was die Würde eines Menschen ausmacht. Und es ist im Alltag ja auch nicht so ganz einfach, ihren besonderen Schutz als unveräußerliches Grundrecht einem Massenmörder zuzugestehen oder auch nur einem in der Gosse liegenden Säufer. Würde, auch Menschenwürde, wird denen zugestanden, die sie sich leisten können, jedenfalls den äußeren Schein davon, weil sie im Lichte stehen. Sie können ihre Würde, oder das, was sie dafür halten, auch verteidigen, oft genug mit Hilfe von Winkeladvokaten. Die Menschenwürde eines Gustl Mollath, der nun schon seit Jahren fahrlässig in der Psychiatrie gehalten wird, war antastbar. Er wird es, wenn er denn freikommt, allein deshalb schon schwer haben, nicht nur ein straffreies, sondern ein Leben in Würde zu führen. Antastbar ist die Würde des Menschen aber nicht nur von Staats wegen, sondern auch in zerbrechenden Beziehungen – und vor allem im Arbeitsalltag: Je schwächer der Mensch ist, der mit seiner Arbeitskraft bezahlt, desto eher. Aber eine verbriefte Hoffnung ist er schon, dieser Artikel 1 unseres guten Grundgesetzes.

 

Stefan Geiger