Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Denn es gibt wohl nichts, was ihn nicht interessiert. Der gebürtige Weimarer erzählt, wie aus dem Flöten- und Klavierkind mit umfassender musikalischer Ausbildung ein Jugendlicher wurde, der in den Endjahren der DDR deutsche West-Popsongs auf Kassetten aufgenommen hat und hoffte, dass der Elbtunnel – er hörte heimlich den Norddeutschen Rundfunk – mal nicht gesperrt war und er den Song bis zum Schluss aufs Band bekam – ohne Verkehrsdurchsage. West-Pop war verboten und quasi eine erste Berührung mit der Juristerei. Aber Falco, The Cure oder Modern Talking lockten einfach und waren heimliche Tauschware auf dem Schulhof. Neben der musikalischen Sozialisation im bildungsbürgerlichen Elternhaus samt Kirchenchor gab es da aber noch Astrophysik, Theologie und Geschichte – die heimliche Leidenschaft des Heranwachsenden.

 

Aber als er 1995 mit dem Studium begann, erzählten ihm alle, die Posten in den Museen seien nach der Wende neu besetzt worden. Das war frustrierend. Hirte wollte Sicherheit, nach all den Veränderungen durch die Wende – und sortierte Geschichte aus der Berufsplanung aus. Verlässliche Regeln und eine einklagbare Rechtsordnung interessierten ihn ebenfalls. Die Leitplanken seines neuen Lebens wollte er verstehen. Er ahnte nicht, dass der Umweg ihn dann doch an sein Ziel bringen würde – zwischen Pranger, Reichskrone und Folterwerkzeugen.

Hirte ist der Überzeugung, dass man Recht anschaulich darstellen kann und muss. Ein Museum solle eine niedrige Hemmschwelle haben. Schüler sollten sich hintrauen, auch wenn sie aus einem Elternhaus ohne bildungsbürgerlichen Hintergrund stammen. Und wer einmal Kopf und Hände in den Verkehrssünder-Pranger am Museumseingang in der Burggasse gesteckt hat, weiß, was er an einem Strafzettel hat. Hirtes Konzept ist spätestens in diesem Moment aufgegangen.

Strafzettel oder Pranger