Peter Daniell Porsche gehört zur vierten Generation des berühmten PS-Clans. Der Musiktherapeut fördert eine Waldorfschule, die einzigartig ist.

Stuttgart - Der Wallfahrtsort St. Jakob am Thurn liegt südlich von Salzburg nicht allzu weit von der Tauernautobahn entfernt. Dennoch ist er nicht ganz leicht zu finden. Ein schmales Sträßchen schlängelt sich zwischen Wiesen hinauf, vorbei an Kuhherden und Bauernhäusern. Hinter der rosafarbenen Kirche liegt das Kulturzentrum St. Jakob mit der Paracelsus-Schule und dem Gasthaus „Schützenwirt“. Peter Daniell Porsche empfängt den Besucher vor der Wirtshaustür und führt ihn in den Wintergarten.

 

Der 39-Jährige ist gebürtiger Stuttgarter, hat hier die ersten Lebensjahre verbracht und ist auch zum Abitur wieder vorübergehend in die Landeshauptstadt zurückgekehrt. Der Käfer-Erfinder Ferdinand Porsche war sein Urgroßvater. Sein Vater Hans-Peter Porsche ist einer der vier Söhne von Ferry Porsche, der einst in Stuttgart den Sportwagenbauer Porsche aufbaute. „Stuttgart ist meine zweite Heimat, dort fühle ich mich genauso wohl wie in Salzburg, wo heute mein Lebensmittelpunkt ist,“ erzählt Peter Daniell Porsche an einem der rustikalen Holztische, und wechselt wie zum Beweis von der weichen österreichischen Aussprache nahtlos ins Schwäbische. Heute wohnt er mit seiner Frau Aglaia und den vier Kindern auf dem Gaisberg, dem Salzburger Hausberg.

Sein Vater hätte es einst gerne gesehen, wenn sein Sohn Wirtschaftswissenschaften studiert hätte, doch Peter Daniell Porsche schlug einen anderen Weg ein. Der Waldorfschüler studierte nach dem Abitur Waldorfpädagogik am Lehrerseminar im schweizerischen Dornach unweit von Basel, vertiefte sich dort in die anthroposophischen Werke Rudolf Steiners. Daran schloss sich ein anthroposophisches Musiktherapiestudium in Berlin an. Danach absolvierte er sein Anerkennungsjahr und arbeitete als Lehrer an der Paracelsus-Schule, die damals noch in Niederalm bei Salzburg war und eine neue ständige Bleibe suchte. Seit ihrer Gründung war sie bereits vier Mal umgezogen.

Die Paracelsus-Schule ist einmalig im deutschsprachigen Raum

Peter Daniell Porsche nahm das Steuer in die Hand und schließlich wurde man auf der Suche nach einem neuen Standort in St. Jakob am Thurn rund zehn Kilometer außerhalb von Salzburg fündig. Zu der Liegenschaft gehörte auch das Ausflugslokal „Schützenwirt“, das auf Wunsch der Gemeinde erhalten werden sollte. Nach umfangreichen Bauarbeiten zog die Schule schließlich im September 2005 in ihr neues Zuhause ein. Die Paracelsus-Schule sei einzigartig im deutschsprachigen Raum, meint Peter Daniell Porsche. Sie ist eine Waldorfschule für „seelenpflegebedürftige“ Kinder und Jugendliche, wie er es nennt, die teilweise hyperaktiv, konzentrationsschwach oder gewalttätig sind. „Wir versuchen ihr seelisches Gefüge wieder ins Lot zu bringen“, sagt Porsche. Neben den Schulstunden gibt es Handwerksunterricht, wird im Garten und im Wald gearbeitet, werden Tiere gepflegt, wird musiziert und gemalt. Der Personalbedarf für solch eine umfassende Betreuung ist hoch. Um 35 Schüler kümmern sich 28 Mitarbeiter. Neben Klassenlehrern gibt es auch Helfer, die zupacken können, wenn die Emotionen überschäumen. „Es kommt schon einmal vor, dass Stühle oder Steine fliegen,“ berichtet Peter Daniell Porsche.

Bisher hängt die Finanzierung stark von den Zuschüssen des Porsche-Erben ab. Jedes Jahr sind es rund 600 000 Euro. Nur rund die Hälfte des notwendigen Geldes steuert der Staat bei. Auch der „Schützenwirt“, der heute ein Bio-Restaurant ist, trägt sich zumindest bisher nicht allein. Das Minus in der Gastronomie führt Porsche auch darauf zurück, „dass wir Bioprodukte zu einem sehr fairen Preis verkaufen und alles frisch zubereiten.“ Zudem lägen die Gehälter der Restaurantmitarbeiter um ein Drittel über dem Tarif, der nicht angemessen für diese Arbeit sei.

Technik hat den Porsche-Erben schon als Kind interessiert

Auf Anregung einer Literaturagentin, die er zufällig bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung traf, hat Peter Daniell Porsche vor zwei Monaten ein Buch mit dem Titel „Es gibt noch mehr im Leben als Autos bauen“ veröffentlicht. Porsche will nicht von einer Biografie sprechen, sondern nennt es einen „Lebensabschnittsbericht“, dessen Erlös auch zur Finanzierung der Schule beitragen sollte. Zugleich wollte er sein Credo erläutern, dass Wirtschaft nicht Selbstzweck sei und Geld einen gesellschaftlichen Nutzen stiften müsse. Die Reaktionen waren nicht rundum positiv. Mancher habe geargwöhnt, er wolle sich mit dem Buch nur selber sponsern und seinen eigenen finanziellen Beitrag für die Schule drücken. „Man wird es nie jedem Recht machen können“, meint Porsche dazu und macht folgende Rechnung auf: Von der einen Million Euro, die ihm durchschnittlich nach Steuern im Jahr als sein Anteil an der Dividende zuflössen, behalte er 150 000 bis 200 000 Euro für sich, den Rest stecke er in Projekte. Von dem Geld, das er behalte, lebe nicht nur die eigene Familie, sondern bezahle er auch mehrere Mitarbeiter, wie etwa die Sekretärin, den Haustechniker und Tischler sowie seinen Kunst- und Kulturmanager. Peter Daniell Porsche gehört ein Achtel der Stammaktien der Stuttgarter Porsche Holding, weil der Vater seine Anteile weitgehend an den Sohn überschrieben hat. Die Dividenden stehen jedoch nach den vertraglichen Regelungen zunächst einmal weiterhin dem Vater zu, der seinem Sohn dann einen Teil abgibt.

In einigen Jahren will Peter Daniell Porsche die Schule auf eigene finanzielle Beine stellen, wie er berichtet. Bis 2018, wenn alle Kredite abbezahlt seien, solle das Kulturzentrum St. Jakob in eine Flensburger Stiftung eingebracht werden, die nach dem früheren Stuttgarter Waldorflehrer Ernst-Michael Kranich benannt ist. Um den finanziellen Grundstock der Stiftung zu stärken, investiert Porsche derzeit in Liegenschaften und erwirbt Beteiligungen an Solar- und Windenergieprojekten. Der „Schützenwirt“, so Porsche, werde bis dahin hoffentlich genug Kunden haben, dass er ein ausgeglichenes Ergebnis erreiche.

„Stehe als Testfahrer bereit“

Auch aus dem Schulbetrieb zieht sich der Musiktherapeut zurück. „Es muss einen Zeitpunkt geben, an dem Projekte reif sind, allein weiterzulaufen“, meint Porsche, der damit Freiraum für andere Aufgaben gewinnen will. „Ich habe 150 kleinere und größere Projekte, wenn ich die alle begleiten will, muss ich schauen, dass ich zurechtkomme.“ Die Bandbreite der Projekte ist groß. Sie reichen von der Biolandwirtschaft über die Beteiligung an einem Hersteller von Blockhäusern, einem Kindergartenbau bis zu Forschungsprojekten aus dem Bereich der Antriebstechnik, wo er noch großen Handlungsbedarf sieht. „Technik interessiert mich“, sagt Porsche. Schon als kleiner Stöpsel habe er Handwerkern zugesehen und durch Zusehen gelernt, wie man schweißt oder mit Holz umgeht. An der TU Graz hat er Forschungsarbeiten unterstützt, bei denen untersucht wurde, wie die Verbrennung von Dieselmotoren durch die Zugabe von Jojoba-Öl, das derzeit in der Kosmetikbranche eingesetzt wird, verbessert werden kann.

Auch beim Stuttgarter Autobauer Porsche ist schon mancher Verbesserungsvorschlag des Autodidakten auf fruchtbaren Boden gefallen. Peter Daniell Porsche hofft, dass dies auch so bleiben wird, nachdem der Sportwagenhersteller voll vom VW-Konzern übernommen worden ist. „Ich würde mich freuen, leise im Hintergrund das eine oder andere einbringen zu können und stehe als Testfahrer neuer Fahrzeuge gerne bereit.“