Bad Cannstatt hat viele Gesichter. In der Serie „Ein Stück Cannstatt“ stellen wir alle 18 Stadtteile vor. Heute ist der Muckensturm dran. Viel Grün und doch eine relative Nähe zur Cannstatter Altstadt und Stuttgarter Innenstadt zeichnen den Stadtteil aus.

Bad Cannstatt - Er zählt eher zu den unbekannteren und kleineren Cannstatter Stadtteilen, ist ein Ort, in dem man vor allem ruhig und schön wohnen kann. Doch der Name, der ist einprägsam: Muckensturm ist vielleicht der originellste Name unter den Cannstatter Stadtteilen. Woher der Begriff kommt, der zum Schmunzeln bringt, ist noch nicht endgültig erforscht, erzählt der ehemalige Vorsitzende von Pro Alt-Cannstatt, Hans Betsch, der selbst in dem Stadtteil wohnt. Aus eigener Erfahrung hat er aber eine Theorie: „Oben auf der Steinhalde, die steil Richtung Neckar abfällt, geht unablässig Wind, der durch die Thermik über dem Fluss verursacht wird.“ Dazu kämen die Mücken, die sich in der von Gärten- und Weinbergen geprägten Gegend wohlfühlten: „Das könnte eine Erklärung für den Namen Muckensturm sein.“

 

Der Stadtteil gehörte lange ganz den Tieren und Insekten, wurde erst sehr spät besiedelt: „Die meisten Häuser entstanden erst nach dem Zweiten Weltkrieg“, berichtet Betsch. Dort, wo sich heute Ein- und Zweifamilienhäuser sowie einige Wohnblocks an den Hang schmiegen, waren lange Zeit Gärten. Einzig bebautes Gebiet war früher die Obere Ziegelei, die 1900 gebaut wurde: „Bis 1980 wurde dort Lehm abgebaut und zu Ziegeln gebrannt.“ Durch den Lehmabbau mussten sich die Gärten nach und nach immer weiter zurückziehen. Hans Betsch erinnert sich gut an die Fabrik – und vor allem an den Teich, der sich auf dem Gelände des heutigen Aldi-Parkplatzes befand, um stets Löschwasser bereitzuhalten, sollte in der Ziegelei ein Feuer ausbrechen. „Da haben die Cannstatter Kinder gespielt und kleine Flöße gebaut.“

Zentral und doch im Grünen

Erst 1993 wurden die Ziegeleigebäude abgerissen und machten Platz für Wohnraum frei: Nachdem in den späten 50er, 60er und 70er Jahren der Hügel bebaut worden war, dehnte sich die Wohnbebauung nun bis an die Schmidener Straße aus, die zugleich die Grenze zum Stadtteil Sommerrain markiert. In der Sophie-Tschorn-Straße entstanden 48 Häuser, in einem davon lebt Hans Betsch mit seiner Frau. Er fühlt sich rundum wohl im Muckensturm: „Wir haben eine tolle, multikulturelle Eigentümergemeinschaft, feiern einmal im Jahr gemeinsam ein Straßenfest.“ Außerdem sei es ein Haus, in dem er alt werden könne und zugleich schnell in der Stadt und im Grünen sei: „Ich bin in einer halben Stunde zu Fuß auf dem Cannstatter Marktplatz, in wenigen Schritten bei der Stadtbahnhaltestelle und auf dem Schmidener Feld.“ Dank dem Neubau der sechs zur Cannstatter Pforte gehörenden Wohnhäuser samt einem weiteren Supermarkt liegen jetzt auch Einkaufsmöglichkeiten direkt vor der Tür der Muckensturm-Bewohner. Und einen weiteren entscheidenden Vorteil habe es, wenn man nicht direkt im Zentrum wohne: „Die Luft ist hier oben einfach besser“, bemerkt Hans Betsch immer wieder, wenn er aus der Cannstatter Altstadt nach Hause in den Muckensturm kommt. Da nimmt man doch gern ein wenig Wind und die ein oder andere Mucke in Kauf.