Roboter, die Hand in Hand mit Menschen arbeiten, gehören zu den Highlights auf der Industriemesse. In Hannover kann man ausprobieren, wie sich die Bekanntschaft mit einem elektronischen Kollegen anfühlt.

Hannover - Der neue Kollege heißt Iiwa. Und es ist ein ausgesprochen emsiger Kollege. Unverdrossen nimmt er Teile auf und ordnet sie auf der rechten Seiten exakt nebeneinander an. Weder von Lärm noch von Betrieb lässt er sich beeindrucken. Iiwa ist auch unglaublich gelenkig, nahezu akrobatisch. Nur zu viel Nähe mag Iiwa nicht, dann stellt er die Arbeit ein; nur ein sanfter Klaps auf den Arm kann ihn dann zur Weiterarbeit motivieren. Iiwa ist kein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern ein Roboter. Mit vollem Namen heißt er LBR Iiwa, LBR steht dabei für Leichtbauroboter. Der elektronische Kollege, der bei der Augsburger Firma Kuka das Licht der Welt erblickte, wurde dazu entwickelt, Hand in Hand mit Menschen zu arbeiten.

 

Auf der Industriemesse in Hannover kann man testen, wie sich eine Zusammenarbeit anfühlt. Also los. Mutig will der Besucher nach einem Stein greifen, doch Iiwa ist schneller. Der Roboter bewegt sich energisch, berührt aber erstaunlich sanft die Hand des Besuchers. Man spürt einen Sog, Iiwa will einen Stein ansaugen – doch als er merkt, dass kein Stein zu holen ist, hebt er seinen Arm leicht an und steht. Es tut nicht weh, nicht mal einen blauen Flecken wird es geben. Es darf auch nicht wehtun, erläutert Ralf Kühnemann die Bestimmungen. Unfälle dürfen deswegen schon gar nicht geben. Deshalb hat Iiwa auch keine Kanten, sondern ausschließlich Rundungen, die sich so angenehm anfühlen. Andere Hersteller hüllen ihre kollaborativen Roboter gar in eine Sensorhaut ein, auch um das Gehäuse etwas abzupolstern. Iiwa ist mit sieben Sensoren ausgestattet – in jeder Achse steckt einer. Auch wenn der neue Kollege stumm seine Arbeit tut, so teilt er seinen aktuellen Gemütszustand durchaus mit. Mit einem grünem Leuchtring zeigt er seine Bereitschaft zum Arbeiten, blau signalisiert, dass er auf Menschen achtet und mit rot macht er auf Fehler aufmerksam.

Prost – die Pauli-Brothers schenken ein

Iiwa wurde vor rund zwei Jahren vorgestellt – und er ist der Renner, sagt Jakob Berghofer von Kuka. Verkaufszahlen hat er zwar nicht, aber zwischen 1000 und 1500 dürften es sein, schätzt er. Bei Bosch Siemens Hausgeräte in Donauwörth verschraubt Iiwa Geschirrspüler. Und bei Kuka montiert er weitere Artgenossen. Auch der Zulieferer ZF und der Technologiekonzern Siemens stehen in der Kundenkartei. Und auf dem Messestand von Kuka in Hannover schenken zwei Iiwa-Roboter – die Pauli-Brothers – alkoholfreies Bier aus. Der eine hält das Glas, der andere tastet nach einer Flasche in der Bierkiste, hebt sie hoch, öffnet sie und schenkt ins Glas ein, das sein „Bruder“ ihm entgegenstreckt. Voreilig sollte der Biertrinker nicht sein. Wer den Pauli-Brother die Flasche oder das Glas zu früh abnehmen will, hat Pech – denn die Pauli-Brüder stellen schlicht die Arbeit ein. Nachtragend sind sie aber nicht – irgendwann erhält jeder sein Bier, das man mit SMS per Smartwatch bestellen kann.

Auch wenn kollaborative Roboter in Hannover groß rauskommen, im industriellen Alltag sind sie noch selten zu finden. Rund 240 000 Roboter wurden 2015 weltweit verkauft, acht Prozent mehr als im Jahr zuvor, hat der Weltroboterverband IFR errechnet. Wie viele davon direkt mit Menschen zusammenarbeiten können, dazu gibt es keine Zahlen, sagt Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer Robotik und Automation beim Maschinenbauverband VDMA. Aber es sind wenige.

China investiert in Roboter

Robotik ist ein Wachstumsmarkt, dank China. Die Volksrepublik hat Nachholbedarf. Gerade mal 36 Roboter kommen dort auf 10 000 Industriearbeitsplätze, in Deutschland sind es beachtliche 292 Roboter. Damit schafft es Deutschland allerdings nur auf Platz drei der Weltrangliste. Spitzenreiter beim Robotereinsatz ist Korea (478 Roboter je 10 000 Industriearbeitsplätze), auf Platz zwei steht Japan. Doch China ist mit Abstand der größte Markt: 66 000 dieser elektronischen Helfer wurden 2015 abgesetzt. Grund für die Automatisierung in dem bevölkerungsreichen Land sind steigende Lohnkosten und höhere Qualitätsanforderungen. Die Augsburger Kuka, die einen chinesischen Großaktionär hat, profitiert davon. „Unsere Fabrik in China arbeitet an der Kapazitätsgrenze“, sagt Kuka-Chef Till Reuter. Nun soll die Kapazität verdoppelt werden. Er rechnet auch hierzulande mit höherer Nachfrage – wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen, werden viele Arbeitsplätze mit Robotern besetzt.

Roboter werden vor allem in der Autoindustrie, in der Elektronik und in der Metallverarbeitung eingesetzt. Sie schweißen, greifen, legen Teile ab, bestücken Leiterplatten. Überall, wo Routine, Präzision und Schnelligkeit gefragt sind, sind Roboter zu finden. Aber ihr Tempo können sie nur hinter einem Zaun ausspielen. Auch Iiwa arbeitet schneller, wenn kein Mensch in der Nähe ist. Dennoch werden die Schutzzäune fallen, glaubt Jakob Berghofer. Der Grund: Die Zäune schützen zwar, machen eine Produktion aber unflexibler. Schnelles Umrüsten ist nicht möglich. Die Lösung könnte sensorbestückte Fußmatte heißen, die den Roboter zum Stehen bringt.

Kuka hat gleich drei Grossaktionäre

Eigentümer
Der Roboterhersteller Kuka hat gleich drei Großaktionäre: Der Maschinenbauer Voith in Heidenheim hält seit 2014 gut ein Viertel der Anteile. Doch dies konnte die chinesische Midea-Gruppe nicht von einem Einstieg abhalten. Gut zehn Prozent hält der Hersteller von Hausgeräten, der mittlerweile auch Kuka-Roboter einsetzt. Midea hat angekündigt, an einem höheren Anteil interessiert zu sein. Der dritte Großaktionär ist der Mittelständler Friedhelm Loh mit seinem Unternehmen Rittal, der ein weiteres Zehntel an Kuka hält und ebenfalls Zukäufe avisiert hat.

Geschäfte
Die Augsburger gehören zu den großen Roboterherstellern. Konkurrenten sind ABB, Fanuc und Yaskawa. Kuka hat im vergangenen Jahr mit 12 300 Mitarbeiter knapp drei Milliarden Euro umgesetzt, das waren 40 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatzsprung ist nicht zuletzt auf einen Zukauf zurückzuführen. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) sank auf 136 (Vorjahr: 142) Millionen Euro. Für 2016 rechnet der Roboterbauer mit einem Wachstum auf mehr als drei Milliarden Euro.