Von Ferdinand Piëch getrieben, übernimmt VW endgültig die Macht bei dem Lastwagenbauer MAN – mit Folgen auch für Daimler.

München - Diesmal entsendet VW-Patriarch Ferdinand Piëch nicht wie im Mutterkonzern seine Frau in einen Aufsichtsrat, sondern Vertraute aus dem VW-Management. Im zweiten Anlauf ist es dem 75-Jährigen nun gelungen, drei VW-Vorstände in das Aufsichtsgremium der Münchner MAN zu entsenden, nachdem der Versuch, dort zu dominieren, vor Jahresfrist noch von der EU-Kommission gestoppt worden war. Als „die Herren von Volkswagen“, stellte Piëch in seiner Funktion als MAN-Aufsichtsratschef den VW-Boss Martin Winterkorn und dessen Vorstandskollegen Hans Dieter Potsch sowie Jochem Heinzmann der MAN-Hauptversammlung als neue Aufseher vor.

 

Widerspruch freier Aktionäre blieb anders als 2011 aus, denn VW kontrolliert mittlerweile 74 Prozent der MAN-Anteile. Damit sind die Machtverhältnisse endgültig klar. Die Kleinaktionäre können nur noch hoffen, nicht vollends aus dem Münchner Traditionskonzern gedrängt zu werden, und wollten von Piëch wissen, ob er einen solchen Squeeze-out will. „Wie geht es weiter, was plant VW“, wollte eine Aktionärin wissen. Dazu schwieg der 75-Jährige aber. Er ließ auch offen, ob VW bei MAN auf gut drei Viertel der Anteile aufstockt, um so einen Vertrag zur Beherrschung und Gewinnabführung zu Gunsten von VW abschließen zu können. Davon gehen Insider aber aus.

254-jährige Firmengeschichte

Unter dem Dach des VW-Konzerns beginne für MAN ein neues Kapitel der 254-jährigen Firmengeschichte, betonte MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen. Es bringe neue Wachstumsschübe mit Rückenwind aus Kooperationen mit Mutter VW und der schwedischen Lkw-Schwester Scania, die ebenfalls Teil des VW-Imperiums ist.

Erstes vorzeigbares Ergebnis dessen für MAN ist eine neue, leichte Lkw-Reihe im bisher bei den Münchnern fehlenden Segment zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen, kündigte Pachta-Reyhofen an. Hier erwartet er sich große Stückzahlen. Der Kleinlaster, der dem Vernehmen nach 2015 vom Band rollen soll, ist besonders schadstoffarm und auch mit Hybridantrieb geplant. Er zielt auf die Versorgung von Städten, die zum besseren Umweltschutz immer öfter schweren Lkw die Einfahrt in die City verbieten. Der Kleinlaster könnte in verschiedenen Varianten an mehreren Standorten gebaut werden, um sowohl westliche als auch Schwellenländer zu bedienen. MAN verfügt über Werke in Europa, Brasilien, Indien und China.

Rückzug von VW

Zweite Konsequenz aus dem Schmieden einer neuen Lkw-Gruppe ist der Rückzug von VW aus einer bis 2016 laufenden Kooperation mit Daimler bei Lieferwagen, kündigte Piëch an. Bis jetzt bauen die Stuttgarter und der Volkswagen-Konzern gemeinsam Transporter, die bei Daimler als Sprinter und bei VW als Crafter verkauft werden. Auch dieses Produktsegment wird künftig exklusiv im eigenen Konzern entwickelt und gebaut, „ohne einen Wettbewerber reicher zu machen“, verfügte Piëch und macht die Münchner damit zum Vollsortimenter bei Nutzfahrzeugen.

Jahrelang wurde bei MAN nur über neue Kooperationen geredet, „jetzt wird es schwungvoll“, zeigte sich eine Aktionärin begeistert. Allein durch gemeinsamen Einkauf mit VW und Scania soll MAN zudem 200 Millionen Euro sparen. Inklusive Entwicklung und Fertigung sind Synergieeffekte in Milliardenhöhe angepeilt. Bis 2020 soll MAN so zum profitabelsten Lkw-Konzern der Welt werden, sagte Pachta-Reyhofen und lieferte damit eine Kampfansage an die Adresse von Weltmarktführer Daimler.