Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes erzielen eine Tarifeinigung mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL). Demnach betragen die Einkommenszuwächse im Schnitt elf Prozent. Die Länder müssen milliardenschwere Mehrausgaben einplanen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Es schaut aus wie die wesentliche Übernahme des Tarifabschlusses von Bund und Kommunen, ist letztlich aber doch das Ergebnis eines weiteren harten Ringens in der dritten Verhandlungsrunde in Potsdam: Am Samstagmittag verkündeten die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und die Gewerkschaften eine Einigung im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes.

 

Demnach werden die Gehälter der Beschäftigten in zwei Schritten angehoben: Zum 1. November 2024 steigen die Tabellenentgelte um einen Sockelbetrag von 200 Euro, zum 1. Februar 2025 erfolgt dann eine weitere Anhebung um 5,5 Prozent. Wo ein Mindestzuwachs bis 340 Euro bis dahin noch nicht erreicht ist, wird dann auf diesen Wert angehoben.

Inflationsprämie soll noch im Dezember einen Ausgleich bringen

Zudem erhalten die Tarifbeschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 3000 Euro, die in mehreren Raten gezahlt wird: 1800 Euro netto noch im Dezember, danach in zehn Raten bis einschließlich Oktober 2024 jeweils 120 Euro. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 25 Monate bis zum 31. Oktober 2025. Im Durchschnitt steigen die Gehälter der Länderbeschäftigten in dieser Zeit um mehr als elf Prozent beziehungsweise je nach Entgeltgruppe zwischen acht und 16 Prozent. Gefordert hatten die Gewerkschaften 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens 500 Euro mehr im Monat.

Gesamtkosten von 23,9 Milliarden Euro für die Länderhaushalte

Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber und Vorsitzende der TdL, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), bewertete den Kompromiss als „nicht einfach für beide Seiten“. Die Ausgangslage sei schwierig gewesen. „Die öffentlichen Haushalte befinden sich im Krisenmodus, gleichzeitig wird es für uns als Länder schwieriger, Personal zu gewinnen und zu halten.“ Insofern sei ein fairer und für die Länderetats „gerade noch machbarer Abschluss“ gelungen.

Der Tarifvertrag enthalte viele soziale Komponenten, „die gerade in den unteren Lohngruppen helfen werden, besser mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten zurechtzukommen“. Dies könnten die Länder nur deshalb leisten, weil die insgesamt 23,9 Milliarden Euro Gesamtkosten auf drei Haushaltsjahre verteilt werden können, lobte er den Spielraum – eine „Brücke“, über die auch die Gewerkschaften hätten gehen müssen. In dieser Milliarden-Rechnung ist schon die weithin erwartete Übernahme des Tarifergebnisses auf die Beamten und Pensionäre eingerechnet.

Nach Worten von Verdi-Chef Frank Werneke haben die Tarifparteien einen Kompromiss erzielt, der im Kern dem Abschluss beim TVÖD (Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes) vom April entspreche. „Mit diesem Ergebnis knüpfen die Beschäftigten der Länder an die Tarifentwicklung bei Bund und Kommunen an“, betonte er.

Gleichzeitig sei eine Reihe weiterer Regelungen vereinbart worden, darunter „ein erster wichtiger Schritt hin zu einem zukünftigen Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte“. Konkret wurden für diese Hilfskräfte Lohnuntergrenzen deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn vereinbart – und zwar 13,25 Euro pro Stunde vom Sommersemester 2024 an.

Warnstreiks als Grundlage des Erfolgs gewertet

Von einem „großen Erfolg“ sprach Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach. „Wir haben mit Bund und Kommunen gleichgezogen.“ Die Arbeitgeber hätten letztlich eingesehen, „dass sie es sich schon aus Eigeninteresse nicht leisten können, auf einem immer härter umkämpften Arbeitsmarkt bei der Bezahlung weiter zurückzufallen“. Wer Beschäftigte binden und motivieren wolle, müsse sie wettbewerbsfähig bezahlen.

Ähnlich wie Werneke würdigte Silberbach die massiven Warnstreiks und Demonstrationen in den vergangenen Wochen – sie hätten entscheidend zu dem Durchbruch beigetragen. Jetzt müssten die Gewerkschaften dafür sorgen, „dass die Länder den Tarifabschluss zeitgleich und systemgerecht auf die Landes- und Kommunalbeamten sowie auf die betroffenen Pensionäre übertragen“, so der Beamtenbund-Vorsitzende. „Zeitspiel werden wir nicht dulden.“

Verbesserungen für diverse Spartenbereiche

Vereinbart wurde auch, dass Dual Studierende, Auszubildende und Praktikanten noch im Dezember ein Inflationsausgleichsgeld von 1000 Euro sowie in der Zeit vom Januar bis zum Oktober 2024 monatlich jeweils 50 Euro netto erhalten. Die Ausbildungsentgelte steigen ab 1. November 2024 um 100 Euro, ab dem 1. Februar 2025 um weitere 50 Euro. Außerdem konnte eine unbefristete Übernahme von Auszubildenden vereinbart werden, die eine Abschlussnote von drei oder besser erzielt haben.

Bei den weiteren Regelungen konnten die Gewerkschaften unter anderem die Ausweitung der bestehenden Pflegezulage auf den Justiz- und Maßregelvollzug und der Zulage für den Gesundheitsdienst erreichen. Für die Sozial- und Erziehungsdienste verständigten sich die Tarifvertragsparteien auf die Gewährung von Zulagen von 130 und 180 Euro für bestimmte Entgeltgruppen in den Stadtstaaten.

3,5 Millionen Menschen profitieren von der Einigung

Vom Tarifergebnis sind etwa 3,5 Millionen Menschen betroffen: direkt ca. 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte der Länder (außer Hessen), indirekt rund 1,4 Millionen Beamte der Länder und Kommunen sowie rund eine Million Versorgungsempfänger.