Nach der Einigung zwischen IG Metall und Arbeitgeberlager gibt es Schulterklopfen von allen Seiten. Es gibt aber auch kritische Stimmen zum Tarifkompromiss: Einige Unternehmen hätten sich mehr Flexibilität gewünscht.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Um 3,4 und 2,2 Prozent werden die Tarifeinkommen in der Metall- und Elektroindustrie angehoben – insgesamt um 5,6 Prozent bis Ende kommenden Jahres. Darauf haben sich die bayerischen Tarifparteien verständigt. „Unsere Tarifverträge garantieren seit langen Jahren mindestens die Inflationsrate plus den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt als Entgelterhöhung“, sagte IG-Metall-Chef Berthold Huber in München. „Diese gute Linie schreiben wir mit dem heutigen Ergebnis fort.“

 

Dennoch hatte die 220-köpfige Große Tarifkommission der IG Metall Baden-Württemberg gestern Nachmittag erhöhten Diskussionsbedarf. Bezirksleiter Jörg Hofmann sprach im Anschluss von einer „offenen Debatte“. „Neben Zustimmung gab es auch kritische Stimmen. Nicht alle Funktionäre sind gleichermaßen zufrieden mit dem Ergebnis, das muss man ernst nehmen.“ Die Tarifkommission werde nach ausführlicher Debatte in den Betrieben am 4. Juni über das Ergebnis entscheiden.

Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger stellte den Abschluss unter die Überschrift „Planungssicherheit, Weitblick und Fairness“. Nun seien die Lohnkosten bis Ende 2014 zuverlässig berechenbar – „das ist in volatilen Zeiten ein ganz wichtiger Punkt und war uns einiges wert“. Es helfe auch, die Belegschaften an Bord zu halten. 5,6 Prozent höre sich zwar viel an. Doch betrage die durchschnittliche Belastung der Unternehmen in diesem Jahr nur 2,96 Prozent (siehe Kasten). Das sei einer der Gründe für den schnellen Durchbruch gewesen.

Querschüsse aus den eigenen Reihen muss Gesamtmetall wie gewohnt vom Maschinenbauverband VDMA hinnehmen: „Auch wenn der Abschluss von beiden Seiten als verkraftbar bezeichnet wird, gilt dies für den Maschinen- und Anlagenbau mit seiner stark ausgeprägten konjunkturellen Heterogenität nur eingeschränkt“, äußerte der Hauptgeschäftsführer Hannes Hesse. Umso wichtiger wären Regelungen für eine flexiblere Lohnanpassung gewesen. Damit hätten die Unternehmen angemessen auf die eigene Situation reagieren können. „Leider findet sich der Umstand in dem Tarifpaket nicht wieder“, so Hesse.

„Wir hatten abzuwägen“, sagte Dulger. Eine Flexibilisierung sehe prinzipiell vor, dass eine Tariferhöhung je nach Lage des Unternehmens nach hinten verschoben oder vorgezogen werden könne. So habe man versucht, diese Option an den Anfang der Vertragslaufzeit zu legen. Stattdessen habe man die Nullmonate Mai und Juni erhalten. Damit bleibt auch das Urlaubsgeld auf dem alten Niveau und wird erst später erhöht, was die Belastung der Betriebe deutlich dämpft – eine besondere Hinterlist der Arbeitgeber. „Die Tariferhöhung wird nun für alle um zwei Monate nach hinten geschoben, das war uns Flexibilisierung genug“, sagte der Dachverbandschef.

Die Tarifparteien hatten den Vertrag am Dienstag noch vor Mitternacht unterschriftsreif ausgehandelt. „Das war ein Abschluss in Rekordgeschwindigkeit“, stellte er fest. Nun geht der Blick voraus: Im Sommer sollen die gemeinsamen Arbeitsgruppen ans Werk gehen, um über Lösungen für den demografischen Wandel nachzudenken. Für diese Diskussion bleibe nun genügend Zeit, so Dulger – „denn diese Themen vertragen keinen Druck von der Straße“.