Die Fregatte „Hessen“ hat bei ihrem Einsatz im Roten Meer bereits zwei feindliche Drohnen abgeschossen. Doch droht dem Schiff Munitionsmangel?

Berlin: Tobias Heimbach (toh)

Es ist der gefährlichste Einsatz der Marine seit Jahrzehnten, so hatte es Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gesagt. Die Fregatte „Hessen“ wurde ins Rote Meer entsandt, um die zivile Schifffahrt vor Angriffen der Huthi-Rebellen im Jemen zu schützen. Wie gefährlich dieser Einsatz ist, zeigte sich bereits in dieser Woche. Am Dienstagabend wehrte die „Hessen“ zwei Drohnen der Huthi ab.

 

Das an der EU-Militärmission „Aspides“ beteiligte Schiff nutzte laut Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums dazu eine Rakete sowie ein 76-Millimeter-Geschütz. Der oberste Marine-Soldat, Inspekteur Jan Christian Kaack, sagte dazu: „Die Besetzung der Hessen und der Kommandant haben in der letzten Nacht bravourös gehandelt.“ Es hat sich also bewahrheitet, wie gefährlich dieser Einsatz ist. Aber ist das Schiff dafür auch tatsächlich gerüstet?

Zweifel an der Einsatzbereitschaft

Es waren ausgerechnet Äußerungen von Kaack, die an der Einsatzbereitschaft der „Hessen“ zweifeln ließen. Am Donnerstag berichtete der NDR, Kaack habe im Januar gesagt: „Im Bereich der Beschaffung von Munition sind wir leider noch nicht da, wo wir hinmüssen.“ Er mache sich mit Blick auf die Aktivitäten im Roten Meer „große Sorgen um die Durchhaltefähigkeit unserer Einheiten“. Kaack beeilte sich, seine Worte zu relativieren. Er bekräftigte am Donnerstag, dass aktuell genug Munition vorhanden sei. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: „Wir werden zeitnah Munition nachführen.“

Der Bundestagsabgeordnete Markus Grübel (CDU) ist Mitglied des Verteidigungsausschusses und Reserveoffizier der Marine. 2008 war er kurze Zeit auf der „Hessen“ im Einsatz. Er hält die Fregatte für die aktuelle Mission für „voll einsatzfähig und ausreichend munitioniert“. „Die ,Hessen‘ wird bis April im Einsatz sein. Ich gehe nicht davon aus, dass sie in dieser Zeit die gesamte Munition verschießt“, sagte er dieser Redaktion.

Verteidigungspolitiker Grübel warnt vor Versorgungslücken

Dennoch warnte er mit Blick auf mögliche künftige Aufgaben vor Versorgungslücken. Bei der Mission im Roten Meer würden im Gegensatz zu einem möglichen Einsatz zur Landes- und Bündnisverteidigung weniger weitreichende Flugkörper gebraucht. „Wenn es aber zu einem Konflikt in der Ost- oder Nordsee mit Russland käme, dann würde man schnell Probleme mit der Munitionsversorgung bekommen.“

Als Schwachpunkt hat Grübel die Rakete Standard Missile 2 (SM-2) mit einer Reichweite von 160 Kilometern identifiziert. Die werde nicht mehr hergestellt. „Der Nachfolger SM-3 passt noch nicht auf die deutschen Schiffe, dafür braucht es umfangreiche Modernisierungen. Das muss jetzt schnell passieren“, sagte der CDU-Politiker. Er sieht vor allem den Minister in der Pflicht: „Trotz der Bemühungen von Verteidigungsminister Pistorius geht es beim Thema Munition immer noch zu langsam voran. Es muss mehr nachbestellt werden, damit die Hersteller wieder ihre Lieferketten aktivieren.“

Der Auftrag der „Hessen“ besteht laut Bundestagsmandat darin, Schiffe gegen Angriffe auf See zu schützen, sie zu begleiten, Lagebilder zu erstellen. Außerdem soll sie die anderen Partner in der Region unterstützen und mit ihnen zusammenarbeiten. Neben der deutschen Marine sind auch Schiffe aus Griechenland und Italien im Rahmen der EU-Mission „Aspides“ im Einsatz. Zudem gibt es eine von den USA angeführte Operation unter dem Namen „Prosperity Guardian“ („Wächter des Wohlstands“).

Irrtümlicher Beschuss

Doch nicht immer läuft die Zusammenarbeit reibungslos ab. Bereits am Montag hatte die Besatzung der „Hessen“ eine US-amerikanische Drohne vom Typ „Reaper“ beschossen. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr bestätigte, dass das unbemannte Luftfahrzeug ohne Kennung unterwegs gewesen sei. Die US-Drohne wurde aber offenbar nicht getroffen, weil die von der „Hessen“ abgefeuerte Rakete einen technischen Defekt hatte. Marine-Inspekteur Kaack nahm die Besatzung gegen Kritik in Schutz. „Da wurde wie im Lehrbuch vorgegangen“, sagte er und bekräftigte: „Ich hätte als Kommandant ganz genauso gehandelt.“