„Nicht immer auf uns gehört“
Wenn der Bürgerausschuss-Vorsitzende Gerd Küpper und seine Stellvertreterin Heike Dinkelaker Bilanz ziehen, kommt ihnen vieles in den Sinn, was der Bürgerausschuss angepackt hat – allen voran der Erhalt des Bethlehem-Areals. Die historische Arbeitersiedlung sollte abgerissen werden. Doch der Ausschuss hat sich intensiv für eine Sanierung eingesetzt – inzwischen ist daraus „etwas Bleibendes“ geworden, wie Küpper findet. Heike Dinkelaker erinnert sich an viele weitere Themen: „Leider hat die Stadt nicht immer auf uns gehört, obwohl wir gute Ideen hatten.“ Dabei denkt sie etwa an das neue Umspannwerk: „Das Gebäude wird prägend für unseren Stadteingang, liegt in der Kaltluftschneise und zerschneidet landwirtschaftliche Flächen. Wir hatten eine bessere Standort-Idee.“ Mehr Einfluss hätte sich Dinkelaker auch auf die seit vielen Jahren geforderte Sanierung des Mettinger Bahnhofsgebäudes gewünscht.
OB Matthias Klopfer erinnerte an zahlreiche Bemühungen zur Verbesserung der Infrastruktur in Mettingen, Brühl und Weil, unter anderem mit Hilfe durch das Förderprogramm „Die soziale Stadt“. Die Einweihung der neuen Neckarbrücke am 8. September werde den drei Stadtteilen wieder eine direkte Verbindung für den Fahrzeugverkehr bescheren. Themen wie die Wohnraumversorgung oder den Klimawandel gelte es in der ganzen Stadt zu meistern.
Radstreifen an der Mettinger Straße
Fünf Themenfelder standen an diesem Abend im Mittelpunkt. Dem Bürgerausschuss liegen die Ortseingänge im Süden und im Norden von Mettingen am Herzen, deren Attraktivität zu wünschen übrig lässt. Doch da konnte Teresa Engel von der Stabsstelle Mobilität im Rathaus so wenig Hoffnung machen wie für den seit Jahren diskutierten Fußgänger- und Fahrradsteg über die Bundesstraße 10, der auf zehn Millionen Euro taxiert wird. Konkret sind die Pläne für einen Fahrradstreifen entlang der Mettinger Straße. Dass Parkplätze in vielen Anwohnerstraßen knapp sind, weiß man im Rathaus. Doch auch da sieht Teresa Engel wenig Möglichkeiten. Ordnungsbürgermeister Yalcin Bayraktar bekam derweil von mehreren Seiten zu hören, dass sich viele im Stadtteil nicht nur Geschwindigkeitskontrollen in einigen Anwohnerstraßen wünschen, sondern auch verstärkte Maßnahmen gegen Schleichverkehr auf Weinberg- und Feldwegen. Während ein Anwohner beklagte, er habe noch nie eine Kontrolle im Weinberg erlebt, versicherte Bayraktar, die Stadt tue, was die personelle Ausstattung des kommunalen Ordnungsdienstes zulasse.
Beim Thema Sicherheit sieht der Bürgerausschuss ebenfalls Gesprächsbedarf. Bayraktar verwies auf die jüngste Kriminalstatistik, die für 2022 im Bürgerausschuss-Bezirk 340 Straftaten vermerkt – 2018 waren es 402 gewesen. Der Bürgermeister räumte ein, dass sich das objektive vom subjektiven Sicherheitsempfinden unterscheide. Diverse Wortmeldungen bestätigten, dass er damit richtig liegt. „Ich sehe keinen Ordnungsdienst“, beklagte Bürgerausschuss-Mitglied Adnan Alatas. Zum getrübten Sicherheitsgefühl tragen offenbar auch Lokale und Spielsalons bei. „Meine Tochter kommt auf dem Weg zur Kita an fünf Schluckstuben vorbei“, monierte ein Mettinger. Doch da sind der Stadt nach Bayraktars Worten die Hände gebunden. Er setzt auf eine Kombination von Prävention und Kontrollen.
„Klimabilanz noch im Minus“
In Sachen Sauberkeit sehen viele Bürgerinnen und Bürger ebenfalls Handlungsbedarf. Marc Ströbele vom Tiefbauamt zeigte anhand von Beispielen, was im Argen liegt und wie die Stadt zu reagieren versucht – unter anderem werde derzeit geprüft, ob und wo zusätzliche Mülleimer nötig und sinnvoll wären. Dass der Klimawandel auch vor Mettingen, Brühl und Weil nicht Halt macht, unterstrich Katja Walther, die Leiterin der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Während Walther auf diverse Maßnahmen zur Klimaverbesserung verwies, beklagte eine Zuhörerin, dass der Bau der neuen Batteriefabrik im Brühl zahlreiche alte Bäume gekostet habe: „Da ist unsere Klimabilanz noch im Minus.“ Beim Thema Leerstand von Wohnraum hat man im Rathaus Mettingen, Brühl und Weil dagegen nicht zuvorderst im Blick. „Da gibt es andere Stadtteile, in denen sich das Problem stärker zeigt“, versicherte Bayraktar. Ein Zweckentfremdungsverbot, über das der Gemeinderat am Montag entscheidet, könne der Stadt helfen, besser gegen Leerstände vorzugehen.
Der Stadtteil und sein Bürgerausschuss
Einwohner
Mettingen, Weil und Brühl bilden im Esslinger Westen an der Grenze zu Stuttgart ein Stadtteil-Trio. Der Sozialatlas zählt in Mettingen 5350 Einwohner, in Weil 1150 und im Brühl 900.
Abschied
Die Bürgerversammlung brachte ein großes Stühlerücken im Bürgerausschuss: Verabschiedet haben sich neben dem langjährigen Vorsitzenden Gerd Küpper und seiner Stellvertreterin Heike Dinkelaker auch die Ausschuss-Mitglieder Werner Sohn, Adnan Alatas, Florian Heuer und Albrecht Sohn. Gerd Küpper, der dem Bürgerausschuss seit 2007 angehört und 2011 die Nachfolge des hoch geschätzten Vorsitzenden Volker Slatosch angetreten hatte, wurde für sein langjähriges Engagement mit der städtischen Jubiläumsmünze in Silber gewürdigt.
Neubeginn
Neu gewählt wurden in den Bürgerausschuss Stefan Görhardt (42 Stimmen), Hrissi Hengst-Galiu (39), Stefan Silberhorn (38), Dieter Hemminger (36), Brigitta Öztan (35), Volker Joussen (34) und Andreas Hamdorf (32). Online hatten sich 34 Mettinger, Weiler und Brühler an der Wahl beteiligt, weitere 19 vor Ort.