Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)
Heißt das: Freiraum für Spiritualität schaffen und die Pfarrer von Verwaltungsaufgaben befreien?
Das ist ein wichtiger Aspekt. Verwaltung ist zwar auch eine geistliche Aufgabe, aber Pfarrer sind zum Beispiel nicht die besseren Bauleiter. Deshalb wollen wir etwa in Bayern eine regionale Beratung dafür einrichten. Ähnlich verhält es sich bei der Verwaltung von Kindertagesstätten.
Wie verbessern Sie die Kommunikation nach außen. Die EKD-Spitze schien ja in letzter Zeit etwa in der Friedensproblematik nicht mit einer Stimme zu sprechen?
Wir ringen mit den Fragen der Zeit, und dieses Ringen kann auch sichtbar werden. Wenn wir in der Frage militärischer Gewalt in Nuancen unterschiedlich argumentiert haben, dann ist das der Sache angemessen. Denn es handelt sich um ein Schulddilemma. Wer militärische Gewalt einsetzt, lädt Schuld auf sich. Wer eine UN-Schutzzone im Nordirak, wie auch ich sie gefordert habe, ablehnt und damit den Verfolgten keinen effektiven Schutz zukommen lässt, lädt auch Schuld auf sich. Da sind wir uns in der Kirche völlig einig.
Apropos IS-Terror. Wie kann man den Scharfmachern im Verhältnis der Religionen zueinander das Wasser abgraben?
Indem wir nicht alle in einen Topf werfen. Wir müssen die Kräfte in den Religionen stärken, die bei der Interpretation ihrer heiligen Schriften die Menschenwürde ins Zentrum stellen und zur Demokratie etwas beitragen können.
Sollten wir auf Abgrenzungsrhetorik zum Islam verzichten, um nicht Islamgegnern wie Pegida in die Hände zu spielen?
Es ist richtig, auf Menschenrechtsverletzungen und Christenverfolgung hinzuweisen. Gleichzeitig muss man sagen, dass Millionen Muslime, die in Deutschland leben, voll auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Eine pauschale Verurteilung des Islam ist nicht akzeptabel.
Sollten die Christen noch stärker den friedlichen Muslimen die Hand reichen?
Das ist der richtige Weg. Gerade habe ich 50 muslimische Vertreter zum Adventsempfang getroffen. Genauso gerne lasse ich mich zum Fastenbrechen einladen. Es geht dabei nicht um Religionsvermischung, sondern um einen wertschätzenden Umgang miteinander.
Verbessert es das Miteinander, wenn die Kirchen sich gegen die Einschränkung der Religionsfreiheit von Muslimen etwa durch ein Burkaverbot wehren?
Ich halte überhaupt nichts von der Diskussion über ein Burkaverbot. Das geht völlig an der Sache vorbei. Selbst in München, wo viele Araber zu Besuch sind, habe ich noch nie eine Burka gesehen. Wir haben hier kein Problem. Deshalb ist das eine Phantomdiskussion, die uns nicht dient, weil sie Ängste befördert.