Immer mehr Händler der Einkaufsgenossenschaft in Ditzingen gehen auf die Internet-Plattform. Davon profitieren die Läden der Mitglieder überproportional.

Stuttgart - Der Markt für Unterhaltungselektronik ist polarisiert: dem stationären Handel auf Großflächen à la Mediamarkt und Saturn steht der reine Onlinehandel gegenüber, geprägt von Anbietern wie Amazon. Zwischen den Extremen sucht Euronics, die genossenschaftliche Einkaufsgemeinschaft mit Sitz in Ditzingen, den Mittelweg. Zwar ist der stationäre Handel das Standbein von Euronics mit seinen knapp 1400 Mitgliedern und 1500 Standorten, aber Vorstandssprecher Benedict Kober weiß, dass es künftig nicht mehr reichen wird, in Städten und Gemeinden präsent zu sein. Kober: „Früher hieß es mal, bei 25 Prozent Umsatzanteil sei für den Onlinehandel Schluss. Das sagt heute keiner mehr.“ Die Beschleunigung der Internetnutzung hat aus seiner Sicht vor allem einen Grund: „Das Smartphone ist zur Universal-Fernbedienung des Lebens geworden. Ihm gehört die Zukunft, und das gilt auch im elektronischen Handel“, sagt Kober.

 

350 bis 400 Standorte sind das Ziel

Und deshalb hat Euronics vor wenigen Jahren mit der Umsetzung eines Konzepts begonnen, das stationären und elektronischen Handel miteinander verknüpft; „Cross-Channel-Retailing“ (CCR) heißt das im Fachjargon und verspricht den Kunden, auf allen Kanälen einkaufen zu können und rundum beraten und betreut zu werden. 270 Standorte beteiligen sich an dem Konzept, das sich vor allem an die größeren Euronics-Märkte richtet. Denn viele der kleineren serviceorientierten Fachgeschäfte wollen sich (noch) nicht darauf einstellen, Päckchen zu versenden und womöglich zurückzunehmen. Kobers Ziel ist es, nach und nach 350 bis 400 Standorte für den Internet-Marktplatz zu gewinnen.

Die Kunden haben Zugriff auf 150 000 Produkte und 300 verschiedene Dienstleistungen. Auf der zentral gesteuerten Plattform können auch mehrere angeschlossene Euronics-Partner miteinander verknüpft werden, sodass Euronics mit den selbstständigen Partnern nach außen hin als große Einheit auftritt.

Euronics will mit Fachkompetenz punkten

Wie viel Umsatz die Mitglieder hier direkt machen, steht für den Vorstandssprecher nicht alleine im Vordergrund. Denn letztlich wollen die Händler den Kunden gegenüber mit ihrer Fachkompetenz punkten. Deshalb rechnet Kober so: Mindestens ein Viertel des gesamten Umsatzes von Euronics, der im Geschäftsjahr 2016/17 (30. September) 3,4 Milliarden Euro betrug, ist nach seinen Worten „internetgetrieben“. Der reine Online-Umsatz liegt bei weniger als der Hälfte davon.

Der überwiegende Teil ist das, was Kober „Zuführungsumsatz“ nennt: Die Kunden haben sich bei Euronics im Internet informiert und kommen in die Filialen, wo sie sich beraten lassen und dann kaufen. E-Commerce in Reinform läuft aus Sicht des Vorstandssprechers anders ab: „Nicht selten kaufen die Leute gar kein Produkt, sondern einen Preis“, sagt er. „Was häufig fehlt, ist die Bedarfsermittlung.“

Auch ein Newsletter kann helfen

Vor dem sogenannten Beratungsklau – der Kunde lässt sich in einem Laden beraten und kauft in einem anderen oder im Internet – hat der Euronics-Chef keine Angst. Er ist überzeugt, dass sich das durch Schulung der Verkäufer vermeiden lässt: abschlussorientierte Kundenansprache ist das Ziel, nicht Fachsimpeln. Wenn die Kunden durch die Internetansprache angeregt in die Filialen kommen, so ist das aus Kobers Sicht der Idealfall, aber nicht das alleinige Ziel. Der Chef weiß, dass überall im Handel die Kundenfrequenz zurückgeht. Deshalb geht es zunächst einmal darum, überhaupt den Kundenkontakt zu haben und zu festigen, zum Beispiel auch über Newsletter. Die Zentrale in Ditzingen hat ermittelt, dass die Kontaktaufnahme zu Euronics mittlerweile am häufigsten über das Internet erfolgt.

Kober hält es für eine alte Mär, dass der Fachhandel teurer sein soll als ein Kauf im Internet oder bei einem ganz großen Händler. Punkten will er im Wettbewerb aber durch Service und Beratung. Deshalb betrachtet er es als eine der größten Aufgaben in den nächsten Jahren, den Nachschub an Fachpersonal zu sichern.

Flaute im zweiten Halbjahr 2017/18

„Am wichtigsten ist es, den Mitarbeitern die Möglichkeit zur Weiterbildung zu geben und ihnen Aufstiegsmöglichkeiten anzubieten“, sagt Kober. „Das kann bis hin zur Übernahme eines Betriebes gehen und wäre dann auch ein Beitrag zur Lösung des Nachfolgeproblems.“ Nicht in jedem Unternehmen gelingt der Generationswechsel, und das gilt auch für die Euronics-Mitglieder, deren Zahl schrumpft.

Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2017/18 ist der Euronics-Umsatz um fünf Prozent gestiegen. Das zweite Halbjahr wird jedoch abfallen, da unter anderen Umsatztreiber des Vorjahres wie DVB-T2 nunmehr fehlen und die Kauflaune allgemein nachgelassen hat. Unter dem Strich rechnet Kober mit einem Umsatz wie 2016/17.