Das Eltern-Kind-Zentrum zieht eine Zwischenbilanz des Kulturlotsenprojekts und sucht weitere Paten.

S-West - Kultur ist, was man daraus macht“, heißt es im Eltern-Kind-Zentrum Stuttgart-West (Ekiz). Deswegen ist das auf drei Jahre angelegte Patenschaftsprojekt Kulturlotsen auch nicht wörtlich zu verstehen. Engagierte Erwachsene nehmen sich dort Schulkindern an, deren Eltern die Zeit für vielfältige Freizeitaktivitäten fehlt. Der internationale Familientag 2013 war für die Macher nun Anlass, eineinhalb Jahre nach dem Start eine Zwischenbilanz zu ziehen.

 

Ida Schildknecht hat seit kurzem eine neue Enkelin. Die heißt Havin, ist sechs Jahre alt und die Tochter von Rabia Dilek. Viele Dinge, die Havins berufstätige Mutter nicht mit ihr machen kann – Plätzchen backen, ins Planetarium gehen, um den Bärensee spazieren – tut jetzt Ida und gehört fast schon zur Familie. „Havin berichtet immer fröhlich von den Treffen“, sagt Rabia Dilek. „Ich weiß, dass ich Ida mein Kind anvertrauen kann.“

„Welten verbinden für Kinder und Zukunft“

„Welten verbinden für Kinder und Zukunft“ ist der Untertitel des Projekts. Und es sind die Lerneffekte auf allen Seiten, das Geben und Nehmen, die es aus Sicht ihrer Profiteure so wertvoll machen. Jennifer Rohrwasser etwa, die als alleinerziehende Mutter in Ausbildung viel weniger Zeit für ihre beiden Kinder hat, als ihr eigentlich lieb wäre, staunt, wie Lotsin Johanna ihren actiongeladenen achtjährigen Sohn Taylor bändigt. Fatima Ekici erfuhr durch das Programm, dass in ihrer fünfjährigen Tochter Elif eine kleine Fußballerin steckt. Der zeichnerisch wie musikalisch begeisterte Diethelm Reichart fand in Patenkind Shava eine ebenso talentierte Geistesgenossin. „Wir suchen die Kultur nicht auf, wir produzieren sie selbst“, sagt Reichart.

Aktuell sind sechs Kulturlotsen für das Ekiz unterwegs, zwei weitere stehen in den Startlöchern. Das möge sich im ersten Moment nicht nach einer herausragenden Zahl anhören, „aber Qualität ist für uns wichtiger als Quantität“, sagt die Ekiz-Geschäftsführerin Andrea Laux. Die Projektverantwortlichen Franziska Schulze und Andrea Bundschuh würden lieber etwas länger nach dem passenden Lotsendeckel auf den Patenkindtopf suchen als vorschnell zu kuppeln und Konflikte zu riskieren. Es geht um Bedürfnisse und Persönlichkeiten.

50 000 Euro gehen ans Ekiz für das Kulturlotsen-Projekt

Diese intensive Auseinandersetzung kommt bei den Eltern gut an. „Ich habe mich auch über andere Patenschaftsprogramme informiert“, sagt Jennifer Rohrwasser. „Aber dort hatte ich eher das Gefühl, eine Karteikarte zu sein. Das wollte ich nicht.“ Mit ihrem Konzept haben die Schafferinnen auch die Stiftung Kinderland Baden-Württemberg überzeugt, die das Projekt im Rahmen ihres Programms „An die Hand nehmen – Kulturlotse für Kinder“ unterstützt. 850 000 Euro wurden insgesamt an 14 landesweit tätige Einrichtungen und Initiativen verteilt, davon gingen 50 000 Euro ans Ekiz. Nachhaltigkeit ist der Stiftung ein besonderes Anliegen, betont Birgit Pfitzenmaier, Abteilungsleiterin für Gesellschaftlicher Wandel, Kultur und Soziale Verantwortung. Die Projektleiter tauschen sich regelmäßig aus, sprechen über Schwächen und Stärken und lassen andere an ihren Erfahrungen teilhaben. „Hinter den Projekten stecken viele gute Ideen und engagierte Menschen. Das soll nach drei Jahren nicht einfach auslaufen“, sagt Pfitzenmaier.

Dass es weitergeht, liegt auch im Interesse des Ekiz. Dort geht die Suche nach bereitwilligen potenziellen Kulturlotsen kontinuierlich weiter. Das Interesse von Eltern und Familien ist groß genug.