Der Artikel soll fertig werden, aber die halbkranke Tochter fordert Hilfestellung beim Handstand ein. Unsere Kolumnistin über die Tücken des Homeoffice, das vor allem bei Müttern nicht immer zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beiträgt.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Die letzten Wochen waren voller Homeoffice-Tage from hell. Sohn (10) und Tochter (6) waren immer mal wieder krank. Also auf diese für Eltern undankbare Art: Sie konnten zwar nicht in die Schule, weil ansteckend, waren aber nicht malade genug, um den ganzen Tag zwischen Apathie und Fieberträumen ans Bett gefesselt zu sein.

 

Vor allem die Tochter hatte trotz entzündeter Augen genug Sehvermögen und Energie, das ein oder andere Rad neben dem mütterlichen Schreibtisch zu schlagen und wie eine gestrenge Turnlehrerin „Vorlesen!“ – „Süßis!“ – „Fernsehen!“ einzufordern. Ich will jetzt nicht so herzlos klingen wie ich bin, aber wenn man halt arbeiten soll, sind körperlich unausgelastete halbkranke Kinder einfach die Pest!

Der Kollege kommt nur ins Büro, wenn es Linsen gibt

Über die Vor- und Nachteile der Heimarbeit, die sich in Coronazeiten pandemisch breit machte und blieb, wurde viel diskutiert. Zum Beispiel darüber, was es für das Nähegefühl, Wohlbefinden und in der Konsequenz für die fröhliche Geisteskraft und Kreativität der Bürofamilie bedeutet, wenn manche nur noch zwei Mal im Monat das Geschäft betreten. Also immer dann, wenn es in der Kantine Linsen mit Spätzle oder Currywurst gibt.

Oder darüber, ob daheim nun mehr gearbeitet wird, wenn all die Kollegen-Schwätzle und -Kaffees wegfallen. Oder gerade nicht, weil Netflix-Serien oder Youtube-Yoga-Lehrerinnen stattdessen zu den besten Freunden werden. Zu viel Homeoffice, so die Essenz, tut weder Arbeitgebern noch Arbeitnehmern gut. Auch körperlich gesehen: Anstatt sich krank zu melden, setzt man sich daheim nämlich noch im Zustand fortschreitenden Siechtums an den Rechner.

45 Minuten Familienzeit statt Fahrweg

Wenn es um die speziellen Folgen des Heimbüros für Eltern geht, ist natürlich vorwegzuschicken, dass das Privileg Homeoffice, das ja längst nicht alle haben, wirklich sehr hilft, unbezahlte und bezahlte Arbeit in einen Tag zu quetschen. Auch wenn Kita und Hort ausfallen, ist es zumindest vordergründig ein Segen. Und allein die 45 Minuten eingesparte Fahrzeit sind gut in Supermarktbesuche, Waschmaschinenladungen, Elterntaxiwege oder Hausaufgabenhilfe investiert. Oder die Familie spielt halt einfach mal eine Runde Memory zusammen. Verrückt!

Trotzdem sagen Forscherinnen, dass dieses Homeoffice tückisch ist, vor allem für Mütter. Meist seien sie es nämlich, die, wenn sich eine Betreuungslücke auftut, zuhause blieben und sich zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit zerrissen. Anders gesagt: Wer nebenzu Suppe kocht, Window-Colors-Kanten nachzieht, die Lieblings-Kette der Tochter neu auffädelt, beim Handstand attestiert und die Hausaufgaben vom Klassenkamerad besorgt, der schreibt in der Zeit halt keine fein ziselierte Reportage. Und wird weder dem Kind, noch der Chefin, noch sich selbst gerecht.

Kinder-krank-Zeiten gleichberechtigt aufteilen

Sogar wenn beide Eltern daheim arbeiten, so legen es Befragungen nahe, sind Mütter erste Anlaufstellen bei Hausiproblemen und „Hunger!“ Während also Papa ungestört am Laptop vor sich hinwerkelt, muss sich Mama abgrenzen, Arbeitszeit einfordern und darf sich als Rabenmutter fühlen, wenn sie das Kind einfach vor die Glotze setzt.

Fairerweise muss ich jetzt sagen, dass der Mann und ich uns die Kind-ist-krank-Zeiten gerecht aufteilen. Etwas, das ich jedem und jeder nur empfehlen kann. Und ansonsten gilt der Vorsatz: Ist das Kind demnächst nur Rad-schlag-malade, bleibt das Homeoffice einfach geschlossen.

>> Keinen Familien-Newsletter mehr verpassen – hier geht es zur Anmeldung

Lisa Welzhofer (44) hat zwei Kinder (6 und 10 Jahre alt) und ist jeden Tag baff, wie großzügig die beiden über ihre Fehler als Mutter hinwegsehen.